© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 39/04 17. September 2004

Frisch gepresst

Bonner Juristen. Angesichts der Bücherberge, die in Sachen Carl Schmitt bis heute angehäuft wurden, scheint eine Aufsatzsammlung, die sich nicht mit ihm, sondern mit dem Wirken seiner Kollegen zwischen 1933 und 1945 beschäftigt, eine erfrischende Abwechslung zu versprechen. Trotzdem gerät der von Mathias Schmoekel edierte Band über "Die Juristen der Universität Bonn im 'Dritten Reich'" (Böhlau Verlag, Köln-Weimar 2003, 649 Seiten, Abbildungen, 79,90 Euro) streckenweise frei nach Peter Hacks zum Gespräch über einen abwesend Anwesenden. Mit Ernst Rudolf Huber und Ernst Friesenhahn werden Schüler Schmitts porträtiert, der bis 1927 in Bonn lehrte, und mit dem Himmler-Freund Karl August Eckardt und dem ultranationalistischen deutsch-jüdischen Völkerrechtler Erich Kaufmann treten hartleibige Schmitt-Feinde auf. Wie der Herausgeber, der seine eigene Karriere mit Tritten gegen Schmitt zeitgemäß beschleunigte, können auch einige Beiträger dieser Versuchung nicht widerstehen, wobei Daniel Kachels Aufsatz über Kaufmann den intellektuellen Tiefpunkt markiert, für den immerhin die Vielzahl der anspruchsvolleren Studien entschädigt, unter denen die über den Strafrechtler und "Nationalbolschewisten" Hans von Hentig besonders empfohlen sei.

 

Afrikanische Träume. Neuerdings scheint Verteidigungsminister Struck das Bundesgebiet nicht mehr allein am Hindukusch gegen jederzeit drohende Einbrüche abriegeln zu wollen - er denkt auch laut über ein militärisches Engagement in Afrika nach. Da sollte er, bevor er weitere leichtsinnige Schritte einleitet, einmal einen Blick in Dirk van Laaks Jenaer Habilitationsschrift werfen. Van Laak breitet vor dem staunenden Leser achtzig Jahre deutscher Afrikaplanungen aus, von kolonialen Träumen wilhelminischer Zeiten bis zu den technokratischen Utopien der Entwicklungshilfe in den fünfziger Jahren. Mit Blick auf den ausgreifenden westeuropäischen Imperialismus und Kolonialismus und deren Folgen kann man nur von Glück sagen, daß van Laaks Mammutstudie sich weitgehend mit Planungen, fiktiven Landnahmen und zentralafrikanischen Reichen beschäftigen kann, die nur auf deutschen Landkarten Gestalt annahmen (Imperiale Infrastruktur. Deutsche Planungen für eine Erschließung Afrikas 1880-1960. Schöningh, Paderborn 2004, 480 Seiten, gebunden, 72 Euro).


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