© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 40/04 24. September 2004

Meldungen

Unlauterer Wettbewerb durch Hartz IV droht

LEIPZIG. Der ehemalige Bundessozialminister Norbert Blüm hat die Sozialpolitik der Bundesregierung und die Hartz-IV-Gesetze erneut scharf kritisiert. "Wenn man die Bezugszeit für das Arbeitslosengeld für die älteren Arbeitnehmer kürzt, dann stürzen die früher in die Arbeitslosenhilfe. Und das ist deshalb ungerecht, weil ein 50jähriger in der Regel länger Arbeitslosenversicherung gezahlt hat als ein 20jähriger", erklärte der Ex-CDU-Vize dem Sender MDR Figaro. "Da entspricht es meinem Verständnis von Gerechtigkeit, daß der auch länger Arbeitslosengeld kriegt." Hartz IV sei "die Organisation des unlauteren Wettbewerbs", so Blüm. "Wenn ein Lohn legitim oder legal wird von einem Euro, das gab es in Deutschland noch nicht. Fünfzig Prozent der Fürsorgeempfänger in den Vereinigten Staaten haben einen Job. Was sagt uns das? Die können von dem Job nicht leben. Und soweit sind wir auch bald", warnte Blüm. Auch die Hoffnung auf mehr Arbeitsplätze durch Hartz IV sei Illusion. "Sagen Sie mal dem Beamten beim Arbeitsamt - oder wie das neuerdings heißt, -agentur - wenn er eine offene Stelle hat, aber dreißig, die sich um die offene Stelle bewerben, was er da durch bessere Vermittlung anders machen soll. Uns fehlen die Arbeitsplätze. Das ist das Hauptthema, alles andere ist nur Rahmenprogramm", so Blüm.

 

"Das kann sich kein Sozialstaat leisten"

BERLIN. Kanzler Gerhard Schröder hat den Deutschen mangelnden Reformeifer und eine Mitnahmementalität vorgeworfen. "In Ost wie in West gibt es eine Mentalität bis weit in die Mittelschicht hinein, daß man staatliche Leistungen mitnimmt, wo man sie kriegen kann, auch wenn es eigentlich ein ausreichendes Arbeitseinkommen in der Familie gibt", erklärte der SPD-Politiker dem Magazin Guter Rat. "Diese Haltung aber kann sich auf Dauer kein Sozialstaat leisten, ohne daran zugrunde zu gehen", kritisierte Schröder. Die Einsicht in die Notwendigkeit von Veränderungen sei nur dann sehr groß, solange sie abstrakt bleibe. "Aber sie schrumpft sehr schnell, wenn es konkret wird und der Einzelne Auswirkungen auf die eigene Lebenssituation befürchtet", so der Kanzler. Gleichzeitig gestand er Fehler ein: "Tatsächlich haben die bisherigen Maßnahmen, die wir über die Arbeitslosenunterstützung finanziert haben, das eigentliche Ziel verfehlt, nämlich die Schaffung von Arbeitsplätzen im ersten Arbeitsmarkt."

 

Zusatztaschengeld soll gestrichen werden

BONN. Der Präsident des Sozialverbands VdK, Walter Hirrlinger, hat davor gewarnt, das Zusatztaschengeld für Bewohner von Pflegeheimen ab 2005 abzuschaffen. "Der persönliche Bedarf beschränkt sich nicht nur auf Zeitungen oder Genußmittel, wie das einige Politiker vielleicht glauben", erklärte der SPD-Politiker letzten Montag. Das meiste Geld werde für nichterstattungsfähige Arzneimittel verbraucht, die oft lebensnotwendig seien. "Schon heute bleibt den meisten Heimbewohnern von ihrem Taschengeld nichts mehr übrig. Für zusätzliche Bedürfnisse ist kein Geld mehr da. Das ist doch menschenunwürdig", meinte der VdK-Chef. Die frühere Härtefallregelung müsse wieder her.

 

Zahl der Woche

Bei 923.000 Ehepaaren

in Deutschland besaß 2003 ein Partner einen ausländischen Paß. 13 Prozent der ausländischen Ehefrauen kamen aus Asien, elf Prozent aus Polen. Bei den Ehemännern kamen 16 Prozent aus der Türkei und zwölf Prozent aus Italien.

(Quelle: Statistisches Bundesamt)


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