© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 40/04 24. September 2004

Meldungen

In hundert Jahren ist die Türkei in die EU integriert

MÜNCHEN. Die Türkei werde die EU vor "sehr große Probleme" stellen. Fast besänftigend läßt Werner Gumpel so seine Studie über "Wirtschaftliche Implikationen eines EU-Beitritts der Türkei" ausklingen (Zeitschrift für Politik, 2/04). Inhaltlich formuliert Gumpel weniger sanft: Bei den osteuropäischen EU-Ländern werde es fünfzig Jahre dauern, bis sie auf das wirtschaftliche Niveau der "Alt-Länder" gelangen, während die Türkei dafür 100 Jahre benötige. Dabei müsse die EU umfangreiche Finanztransfers vornehmen, um den Anpassungsprozeß zu beschleunigen. Andernfalls könnte der Entwicklungsunterschied zu politisch-sozialen Spannungen führen. Da aber die EU allein bis 2013 fast 200 Milliarden Euro als Strukturfördermittel an die acht Oststaaten überweisen muß, stelle sich die Frage, wie sie finanzielle Herausforderung eines Türkei-Beitritts bewältigen wolle. Allein Deutschland müßte jährlich 2,5 Milliarden nach Ankara schicken.

 

Schweizer Fremdling in der Landschaft der KR

BASEL. Mit der ideologischen Einordnung des Theologen Alfred de Quervain scheint Hektor Leibundgut im ersten Zugriff Schwierigkeiten zu haben. Quervain sei zugleich Barthianer, Schmittianer und ein um Preußentum, Schöpfungsordnung und Volkstum bekümmerter Konservativer gewesen, der überdies noch von der ersten Stunde an 1933 zu den Gegner Hitlers und zu den ersten Aktivisten der bekennenden Kirche gehörte (Theologische Zeitschrift, 1/04). Gerade diese disparate Mischung mache aus ihm jedoch einen "Fremdling im Land der konservativen Revolution". Der Hugenotte Quervain sei bis 1933 fast "krampfhaft" bemüht gewesen, alle Theorien und Politischen Theologien von rechts zu würdigen, doch habe er dann entschieden Position bezogen, als es nach der NS-Machtübernahme darum ging, sich für die Freiheit der Christen und einen sich seiner Grenzen bewußten Staat einzusetzen. Diese Haltung stehe nicht im Widerspruch zu seiner Publizistik vor 1933 - zeige doch sein Hauptwerk über "Theologische Voraussetzungen der Politik" (1931), daß seine Weltanschauungskritik neben Liberalismus und Sozialismus auch den Konservatismus mit seiner "liberalen Konzeption des Politischen und Sozialen" verdamme.

 

Washingtoner Historiker räumen Preise ab

KIEL. Auf dem 45. Deutschen Historikertag wurde die am Deutschen Historischen Institut (DHI) in Washington tätige Astrid Eckert mit dem in Höhe von 5.000 Euro dotierten Hedwig-Hintze-Preis ausgezeichnet. Ihre Dissertation konzentriert sich auf den Zeitraum von 1944 bis 1958 und untersucht die jahrelangen westdeutsch-westalliierten Verhandlungen um die Rückgabe beschlagnahmten Archivgutes. Einen der beiden mit 6.000 Euro dotierten Habilitationspreise konnte ihre Washingtoner DHI-Kollegin Simone Lässig mit ihrer Arbeit "Jüdische Wege ins Bürgertum. Kulturelles Kapital und sozialer Aufstieg im 19. Jahrhundert" gewinnen.


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