© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 41/04 01. Oktober 2004

Für die Ewigkeit
"Kampf gegen Rechts": Die Wahlergebnisse von NPD und DVU sichern das Fortbestehen linker Antifa-Projekte über viele Jahre
Manuel Ochsenreiter

Für Sebastian Edathy brechen goldene Zeiten an. Lange war es eher still um den Sprecher der Arbeitsgruppe Rechtsextremismus und Gewalt der SPD-Bundestagsfraktion geworden. Zuletzt machte Edathy von sich reden, als er im April diesen Jahres eine Bundesstiftung anregte, die den "Kampf gegen Rechts" über das Jahr 2006 hinausretten sollten (JF 19/04). Sowohl die kommenden Bundestagswahlen, die eine Fortsetzung der rot-grünen Regierung wenig wahrscheinlich erscheinen lassen, als auch das Auslaufen der Alimentierung für die Bundesprogramme im "Kampf gegen Rechts" beunruhigten damals Edathy.

Sein ehrgeiziger Plan: Eine Stiftung mit einem Kapital von 300 Millionen Euro soll die Arbeit der Initiativen über Jahre hinaus sichern und zudem von der Bundesregierung unabhängig machen. Die astronomisch hohe Summe solle auch über Spenden von Unternehmen und Privatleuten zustande kommen. Damals wurde Edathys Vorstoß nur begrenzt wahrgenommen. Heute verhelfen ihm ausgerechnet die guten Wahlergebnisse von NPD und DVU zu neuer Aufmerksamkeit.

182 Millionen Euro für über 3.600 Projekte

Für den "Kampf gegen Rechts" wurde 2001 das Bundesprogramm "Jugend für Toleranz und Demokratie - gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus" gegründet, welches dem Bundesfamilienministerium unterstellt ist. Nach Angaben des Ministeriums stellt der Bund für die etwa 3.600 Projekte des Aktionsprogramms insgesamt 182 Millionen Euro bereit.

Unter dem Dach des Aktionsprogramms sind die drei Programme "Xenos - Leben und Arbeit in Vielfalt", "Entimon - Gemeinsam gegen Gewalt und Rechtsextremismus" und "Civitas - Initiative gegen Rechtsextremismus in den neuen Bundesländern" tätig. Xenos fördert vor allem Initiativen und Programme in Betrieben sowie in der beruflichen Bildung, daher wird Xenos auch vom Bundesarbeitsministerium bis 2006 mit etwa 75 Millionen Euro gefördert, die dem Europäischen Sozialfonds entstammen. Zusätzlich werden die Gelder noch einmal um die gleiche Summe durch nationale Mittel aufgestockt. Arbeits- und Familienministerium kümmern sich gemeinsam um die Umsetzung von Xenos.

Entimon richtet sich vor allem an Haupt- und Berufsschüler sowie Kinder. Unter anderem kam auch die umstrittene "Muslimische Jugend in Deutschland e.V." in den Genuß der Entimon-Förderung.

Civitas unterstützt vor allem Projekte, die sich für die "Demokratisierung vor Ort" einsetzen. "Ziviles Engagement und demokratische Prozesse" sollten gestärkt werden, heißt es in der Selbstdarstellung von Civitas.

Wer tatsächlich glaubt, die Initiativen und Programme richteten sich gegen Neonazihorden oder Skinheads, irrt gewaltig. Hinter dem Aktionsprogramm des Bundes steht ein anderes Prinzip. Es geht davon aus, daß Rechtsextremismus kein Problem der politischen Ränder sei, sondern aus der Mitte der Gesellschaft entspringe. Der gewalttätige Extremist wird dadurch zum ausführenden Organ einer schweigenden Mehrheit, durch die er sich zur Gewalt legitimiert sieht. Folglich ist für die Initiatoren klar, daß diese "Mitte der Gesellschaft" als Gegner ausgemacht wird.

Eine Studie der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung nannte einige Einstellungen, die als günstige Rahmenbedingungen für Rechtsextremismus definiert werden. Beispiele hierfür seien "die anhaltenden Debatten über Einwanderung, über das Bedrohungspotential des islamischen Fundamentalismus, die EU-Mitgliedschaft der Türkei, Asyl, das neue Staatsbürgerschaftsrecht oder die 'Normalisierung' der deutschen Geschichte." Mit dieser Aufzählung geraten ausschließlich Kernpositionen der Opposition ins Visier der Programme gegen Rechts.

Auch die Projekte und Initiativen, die gefördert werden, verdienen Beachtung. Neben vielen kleinen lokalen Gruppen werden auch ausgewiesene Linksextremisten staatlich alimentiert. So förderte beispielsweise Civitas im Jahr 2002 ein "antirassistisches Pfingstcamp" der Gruppe "Jungedemokraten / Junge Linke" (JD/DL) Brandenburg. Im Verfassungsschutzbericht des Jahres 1999 heißt es über die JD/DL, sie sei "ständiger Partner von Linksextremisten in Aktionsbündnissen, aber auch bei militanten Störungen staatlicher Veranstaltungen" dabei. Der Verband sei "ideologisch nicht homogen; in ihm existieren nebeneinander marxistische, marxistisch-leninistische, antideutsche beziehungsweise antinationale, autonome und anarchistisch-libertäre Ansätze und Strömungen des Linksextremismus".

Auch das "Alternative Jugendzentrum Dessau" (AJZ) kam in den Genuß der Civitas-Gelder. Am 1. April 2003 wurde das AJZ im Zusammenhang mit mehreren Brandanschlägen von der Polizei durchsucht. Außerdem residiert dort ebenfalls die Dessauer Antifa, und der linksextremistische Rechtshilfeverein "Rote Hilfe" nutzt die Anschrift des Jugendzentrums.

Der zaghafte Widerstand der CDU scheint vorüber

Nur zwei Beispiele, die zeigen, in welche Hände die Mittel seit Jahren fließen. Kurz vor dem endgültigen Verebben der Gelder scheint nun die Förderung über die nächsten Jahre, wenn nicht Jahrzehnte gesichert.

Der zaghafte Widerstand, den die CDU-Opposition gegen die Alimentierung linker Projekte leistete, scheint angesichts der gegenwärtigen Debatten längst vorüber. In der Welt lobte der sächsische CDU-Innenpolitiker Heinz Eggert ausdrücklich das Engagement der Initiativen und fordert mehr Geld für deren Arbeit. Damit fällt er nicht zuletzt dem CSU-Politiker Norbert Geis in den Rücken, der sich stets um Aufklärung über die Hintergründe des "Kampfes gegen Rechts" bemüht.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Wilhelm Schmidt, formulierte gegenüber Spiegel-Online, wohin die Reise seiner Vorstellung nach gehen soll: "Wir haben einen Dauerauftrag". Sein Parteifreund Edathy macht derweil Druck für eine rasche Gründung seiner "Stiftung gegen Rechts". "Ein theoretischer Regierungswechsel würde sehr wahrscheinlich das Aus dieser Maßnahmen bedeuten", so Edathy. Ein Appell, der sich vor allem an die eigenen Fraktionskollegen richtet.


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