© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/04 08. Oktober 2004

Frisch gepresst

Rudolf Augstein. Für die meisten Leser war Rudolf Augstein einfach nur ein "Linker", anderen galt er als "linker Patriot". Ralf Dahrendorf sah in ihm den "letzten Nationalliberalen, im besten Sinn der Bismarck-Zeit", und für seinen jüngsten Biographen Dieter Schröder blieb er im Grunde seines Herzens ein "liberaler Deutschnationaler". An Etiketten, falschen wie richtigen, hat es dem 2002 im Alter von 79 Jahren verstorbenen Spiegel-Herausgeber nie gefehlt, und Schröder läßt die meisten davon in seine Augstein-Biographie getreulich einfließen. Der Autor, Jahrgang 1931, schnupperte Mitte der 1960er Jahre selbst kurzzeitig Spiegel-Luft, bevor er wieder zur Süddeutschen Zeitung zurückkehrte, dort später Chefredakteur wurde und von 1996 bis 2001 Herausgeber der Berliner Zeitung war. Seine leichthändig geschriebene Biographie vermag dem Bild Augsteins freilich keine wirklich neue Facette hinzuzufügen - es sei denn, daß man die Mitteilung, Augstein sei kein Anhänger des herrschaftsfreien Dialogs gewesen, für einen nennenswerten Aufreger hält (Dieter Schröder: Rudolf Augstein. Siedler Verlag, München 2004, gebunden, 320 Seiten, 22,90 Euro).

 

Martin Walser. "Ich möchte nicht vorgedachten Ansprüchen entsprechen müssen, sondern die Welt auf meine Art ausdrücken, in einer sozusagen ungetauften Sprache." Mit diesen Worten verabschiedete sich Martin Walser in diesem Frühjahr von den Mitarbeitern des Suhrkamp-Verlages, nachdem die Verlagsleitung der inszenierten Skandalisierung seines Romans "Tod eines Kritikers" nicht entschieden entgegengetreten war. Inzwischen hat Walser bei Rowohlt eine neue Heimat gefunden und nach einem ersten Roman ("Der Augenblick der Liebe", JF 31-32/04) jetzt dort eine Essaysammlung veröffentlicht. Der Band enthält insgesamt siebzehn publizierte Vorträge sowie Aufsätze für Zeitungen und Zeitschriften aus den letzten vier Jahren. Sie zeigen Walser als einen nachdenklichen, selbstreflexiven Sprachvirtuosen, der auf seine intellektuelle Eigenständigkeit pocht. (Martin Walser: Die Verwaltung des Nichts. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2004, gebunden, 284 Seiten, 19,90 Euro).

 

John F. Kerry. Wenn es um die Zahl der Publikationen für den deutschen Büchermarkt geht, brauchen die US-Bürger den Gang zu den Wahlurnen (oder anderen Stimmkonstrukten) im November gar nicht erst anzutreten: Der Sieger stünde eindeutig fest. Obwohl der Campus Verlag ebenfalls ein Buch über die Familie des Konkurrenten W. herausgibt, ist seine Kerry-Biographie die mit der geringeren Distanz - zumindest was die Sympathien der Autorin, der Journalistin Christiane Oppermann, angeht. Schnell erfüllt sich die Ahnung, die die Lektüre des doppeldeutigen Untertitels (Wird Amerika wieder demokratisch? Campus Verlag, Frankfurt 2004, 236 Seiten, gebunden, 24,90 Euro) provoziert, zur Gewißheit. Zumindest am Ende beschleicht Oppermann dann aber doch die Skepsis, ob "ihr" Kandidat das Wählerherz ähnlich stürmisch erobern kann.


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