© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 43/04 15. Oktober 2004

Biß in die Tischkante
Nordrhein-Westfalen: Bei den Stichwahlen gab es zahlreiche Überraschungen / Duisburg wird künftig von der CDU regiert
Josef Hämmerling

Die nordrhein-westfälischen Kommunalwahlen sollten der CDU-Führung zu denken geben. Denn trotz einiger Erfolge sind sie insgesamt als Warnschuß für die Christdemokraten zu werten. Dies zeigten insbesondere auch die Stichwahlen am vergangenen Sonntag. Zwar holten sich die CDU-Kandidaten überraschend die Rathäuser in Wuppertal und Duisburg, jedoch ging entgegen den Erwartungen das Oberbürgermeisteramt in dem bislang traditionellen schwarzen Mönchengladbach an die Sozialdemokraten. Und auch Gelsenkirchen wurde von den Roten wieder zurückerkämpft.

So kam dann auch der Bochumer Politik-Professor Uwe Andersen zu dem Ergebnis: "Es gibt landesweit keine eindeutigen Gewinner." Vielmehr habe es für CDU und SPD Höhen und Tiefen gegeben. Da die Wahl zudem auch "sehr stark kommunalorientiert" gewesen sei, könne man aus den Ergebnissen keine Schlüsse auf die Landtagswahl im Mai des kommenden Jahres ziehen.

Das sehen die beiden Spitzenkandidaten aber ganz anders. Peer Steinbrück (SPD) hält die Landtagswahlen trotz eines nach wie vor großen prognostizierten Vorsprungs der CDU wieder für "völlig offen". Dagegen wertet sein christdemokratischer Herausforderer Jürgen Rüttgers den Ausgang der Kommunalwahlen als "Signal für den Wechsel". Für das schlechte Abschneiden bei der Stichwahl machte er vor allem den Streit innerhalb der Union um die Gesundheitsreform verantwortlich. Nicht wegzureden ist, daß das früher rote Nordrhein-Westfalen heute überwiegend fest in schwarzer Hand ist.

So stellt die CDU etwa 60 Prozent aller Oberbürgermeister an Rhein und Ruhr. Während 253 Amtsinhaber Christdemokraten sind (minus 37), kommen die Sozialdemokraten immerhin noch auf 103 Chefs in den Rat- und Kreishäusern (plus 21). Hinzu kommen einige Überraschungsgewinne wie der des 54jährigen Harald Birkenkamp in Ratingen bei Düsseldorf.

Als einzige Bastion blieb der SPD das Ruhrgebiet erhalten, das mit Ausnahme von Essen und Duisburg komplett rot ist. Es ist aber von schwarzen Mehrheiten umzingelt.

Man darf gespannt sein, ob der SPD-Landesvorsitzende Harald Schartau sein Wort hält. Falls Duisburg von den Schwarzen gewonnen werde, werde er "in die Tischkante beißen". Nun ist es soweit: Denn erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik wurde ein CDU-Mann zum Oberbürgermeister der Revierstadt gewählt. Und das überraschend deutlich, denn Adolf Sauerland (CDU) erhielt 61,2 Prozent der Wählerstimmen, während die Amtsinhaberin Bärbel Zieling nur auf 38,8 Prozent kam.

Die Republikaner verbesserten sich von 0,4 auf 0,6 Prozent, während die PDS immerhin von 0,8 auf 1,4 Prozent anzog. Die sonstigen Parteien kamen von 4,0 auf 5,8 Prozent.

Darin sind auch die NPD mit 0,2 Prozent enthalten (1999: 0,0 Prozent) sowie die DVU mit unverändert 0,1 Prozent der Stimmen.


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