© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 43/04 15. Oktober 2004

Jagen und genießen
Wald: Neben Holz ist jetzt auch Wildbret "ökologisch"
Alexander Barti

Deutschland ist ein waldreiches Gebiet, auch wenn dies aufgrund der Verstädterung kaum ins Auge fällt. Hessen ist mit etwa 42 Prozent Waldfläche zusammen mit Rheinland-Pfalz das waldreichste Bundesland. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 31 Prozent.

Aus dem jüngst vorgestellten Bericht der Bundeswaldinventur, für den zum ersten Mal nach der Wiedervereinigung das Gehölz in ganz Deutschland einheitlich, länderübergreifend und in allen Besitzarten auf Stichprobenbasis untersucht wurde, geht hervor, daß der Holzvorrat seit 1987 von 2,28 Milliarden Kubikmeter auf 2,63 Milliarden Kubikmeter um 17 Prozent zugenommen hat.

Mit 320 Kubikmetern pro Hektar gibt es in Deutschland so viel Holz wie nie zuvor. Das riesige Rohstoffvorkommen übersteigt die Nachfrage bei weitem, denn der Zuwachs wird derzeit nur zu 75 Prozent genutzt. Anhand der Ergebnisse aus der Bundeswaldinventur will die Bundesregierung nun Szenarien entwickeln, wie der Wald nachhaltig genutzt und vor allem der Absatz von Holz angekurbelt werden kann.

Zum Holz gehört aber auch unweigerlich das Wild - und damit die Jagd. Denn ohne Dezimierung des Wildes würden die Wälder aufgefressen, da mögen Jagdgegner noch so viele Gegenargumente aufbringen. Oder man müßte wieder Wölfe, Luchse, Bären ansiedeln, die den Bestand in Schranken hielten. Doch dazu ist Mitteleuropa zu sehr zersiedelt. Nicht zuletzt durch das jahrelange Eindreschen auf die "Grünröcke" ist eine Hauptfrucht des Waldes - das Wildbret - nie wirklich beliebt geworden. Daran ist nicht nur der Preis schuld, der aber inzwischen kaum höher liegt als ein Kilo Schwein.

Um einen Imagewandel herbeizuführen, laden jetzt der Landesjagdverband Rheinland-Pfalz e.V. und die Landesforsten zu einer Pirschjagd durch moderne Kochbücher ein. Seit dem 1. August sind Profi- wie Hobbyköche aufgefordert, Vorschläge für die Zubereitung von Rehwild einzureichen (Internet: www.rezeptwettbewerb.de ).

Gesucht werden einfache, aber dennoch raffinierte Kochvorschläge, die auf die Verwendung klassischer Gewürze wie Wacholder oder Nelken oder auch die Einlage in Rotwein verzichten. Denn dann, so sind sich die Initiatoren sicher, sei Wild genauso einfach zu verarbeiten wie andere Fleischsorten auch.

Ob durch den Genuß von "raffinierten" Wildgerichten auch mehr Holzhäuser gebaut werden, ist natürlich fraglich. Aber die Strategie, über den "Genußfaktor" die Jagd wieder aus der ökologischen Schmuddelecke zu holen, ist zumindest clever gewählt.


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