© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 43/04 15. Oktober 2004

Leserbriefe

Zu: "Gefährliche Grenzen" von Ivan

Denes, JF 41/04

Europäische Identität

Will Europa wirklich eine EU-Außengrenze bis zum Kaukasus, zum Iran, zum Irak und zu Syrien? Würde die Europäische Union dann nicht in die unlösbare Kurdenfrage hineingezogen und in zahlreiche regionale Konflikte, die heute in der Türkei an der Tagesordnung sind?

Wenn die Europäische Union die Türkei aufnimmt, mit welchem Recht könnten dann andere Staaten wie Armenien, Georgien und die Ukraine zurückgewiesen werden? Wer die europäische Einigung ernsthaft will, der darf die Identität Europas nicht verletzen. Wir leben in Europa aus einer christlichen Tradition, die unsere Kultur seit Jahrhunderten unauslöschlich geprägt hat und auch morgen noch prägen wird. In der Türkei bekennen sich fast neunzig Prozent der Bevölkerung zum Islam. Dort herrscht eine andere Kultur. Derjenige aber schafft Konflikte, der versucht, zwei große historische Kulturen miteinander zu vermischen. Wie viele zig Milliarden Euro das den deutschen Steuerzahler kostet, wie das die weitere Zuwanderung von Türken fördern und wie sehr das die Einigung Europas erschweren wird, ist heute noch nicht abzuschätzen. Die Europäische Union braucht gute freundschaftliche und wirtschaftliche Beziehungen zur Türkei, nicht aber deren Integration.

Gerhard Drechsler, Melsungen

 

 

Zu: "Die Konservativen sind ehrlicher", Interview mit Hasan Ünal, JF 41/04

Spiegelfechterei

Freilich wäre des Kanzlers Ablehnung des EU-Beitritts der Türkei "eine Verneinung seiner politischen Daseinsberechtigung als Sozialdemokrat", wie Herr Ünal meint. Die hat er aber viel eher schon durch die Agenda 2010 und Hartz IV erheblich ramponiert, und seine europapolitischen Fehlentscheidungen dürften dagegen beinahe nebensächlich sein. Statt der Spiegelfechterei um den türkischen EU-Beitritt müßte das Hauptkriterium für den Beitritt eines Staates zur EU sein, daß sein Staatsterritorium überhaupt in Europa liegt und daß das Staatsvolk europäische, christlich-abendländische Kultur, Lebensgewohnheiten, Ansichten, Sitten und Gebräuche praktiziert. Da beides für die Türkei verneint werden muß, ist ihre Aufnahme nicht akzeptabel. Das wird schon durch die in Deutschland lebenden Türken belegt, deren mißglückte "Integration" nur Thema ist, weil sie auch nicht annähernd unsere Lebensart haben und haben wollen.

Die uns vom EU-Architekten Verheugen als hochwichtig vorgegaukelten Kriterien, auf deren Erfüllung er pocht, sind mehr oder weniger vordergründige Nebensächlichkeiten, die von Erdogan jederzeit in augenzwinkerndem Einvernehmen erfüllt werden. Die kürzliche Drohung Erdogans, daß die Türkei ein "Nein" zu Beitrittsverhandlungen nicht akzeptieren werde, wird umgehend von unserm Kanzler mit einem Preis für ihn als "Europäer des Jahres" belohnt, obwohl weder er noch seine Landsleute Europäer sind.

Eberhard Koenig, Baiern

 

 

Zu: "Wie eine Karotte vor die Nase gehalten" von Alexander Griesbach, JF 40/04

Krieg und Frieden

Wird die EU zu einer Frage von Krieg und Frieden? Beim Für und Wider einer Aufnahme der Türkei ist die Frage nach der Aufnahmefähigkeit die völlig falsche, abgesehen davon, daß es genügend wirtschaftliche und kulturelle Gründe für ein Nein gäbe. Seit 40 Jahren ist der Türkei eine Beitrittsperspektive versprochen, in dieser langen Zeit hat die Türkei bewiesen, daß sie zu den nötigen Reformen nicht in der Lage ist. Die Diskussion müßte klären, ob die EU nicht doch besser auf das europäische Territorium begrenzt bleiben sollte. Die Öffnung über Europa hinaus würde auch noch bei anderen Länder EU-Begierden wecken, dann wäre die EU zum Scheitern verurteilt. Das kann im Ernst niemand wollen. Das Scheitern wird, um es mit Worten von Helmut Kohl zu sagen, zu einer Frage von Krieg und Frieden werden.

Günther-Jürgen Bernlöhr, Waldenbuch

 

 

Zu: "Schulen im Mao-Look" von Bernd-Thomas Ramb, JF 40/04

Frage der Einstellung

Es ist geradezu offensichtlich, wie die SPD versucht, die Pisa-Studie für ihre bildungspolitische Ideologie zu mißbrauchen. Bei jedem Gespräch über das deutsche Schulsystem wird auf Finnland verwiesen, wo mit einem recht hohen Ausländeranteil und einem gesamtschulähnlichen System gute Leistungen in den Schulen erbracht werden. Dabei wird aber vergessen, daß auch Länder mit anderen Ansätzen in der Bildungspolitik wie zum Beispiel Japan ganz oben stehen - am System allein kann es also nicht liegen. Was man den Finnen beispielsweise abschauen kann, ist deren Art und Weise, schwächere Schüler durch Förderunterricht während des Schuljahres zu unterstützen. Doch das beste Bildungsmodell kann nicht helfen, wenn wir Deutschen nicht unsere Einstellung zu Leistung und vor allem Fleiß überdenken. Das Problem steckt nicht im System, sondern in uns selbst. 

Rainer Mandel, Eggenstein

 

 

Zu: "Konzepte, aber keine Einsicht" von Thomas Paulwitz, JF 41/04

Willige Vollstrecker

Das durch die Rechtschreibreform entstandene Chaos bei unserer Schrift ist im Grunde das Spiegelbild fast aller Bereiche unseres Gemeinwesens. Sie wurde von "oben" gegen den Willen des Volkes durchgedrückt. Diese "Schlechtschreibreform" hätte sich totgelaufen, wenn nicht unzählige Schriften-Erzeuger mitgemacht hätten. Sie waren somit wenigstens unkritische Helfer, vielleicht aber sogar willige Vollstrecker. Solches Verhalten hat manches "Spielchen" von Machthabern erst ermöglicht und macht es heute noch auch in demokratischen Strukturen weiterhin möglich. In Frankreich beispielsweise hätte eine solche Reform keine Chance gehabt. Somit hat sich wieder einmal treffend bestätigt, wie Ausländer uns Deutsche treffend charakterisieren: "Die Deutschen machen allen Unsinn mit, Hauptsache, er ist angeordnet".

Udo Knau, Minden

 

 

Zu: "Die Frage nach Gerechtigkeit" von Angelika Willig und "Pankraz, das Raubtier und die Koalition der Einheger", JF 41/04

Territoriale Abgrenzung

Zu dieser schonungslos offenen Darstellung der Wirklichkeit bezüglich der Regeln in unserer Marktwirtschaft kann man der JUNGEN FREIHEIT nur gratulieren. Unterscheidet sich diese Darstellung doch erheblich von den nebulösen, den Zuschauer teilweise erheblich verwirrenden Diskussionen bei Sabine Christiansen und Maybrit Illner.

Zu den Regeln der Marktwirtschaft muß aber auch bedacht werden, daß allein dadurch unsere hohe Lebensqualität erreicht wurde. Ohne zusätzliche soziale Regelungen und eventuell auch nationale beziehungsweise territoriale Abgrenzungen führen die Grundregeln der Marktwirtschaft, die unweigerlich die Globalisierung herbeiführen, zwangsläufig durch den ungezügelten Wettbewerb zu ständig größeren sozialen Unterschieden in jedem Staat. Die Nachteile der territorialen Abgrenzung können wir nirgends so deutlich studieren wie an der DDR. Deshalb ist vielleicht diesmal auch Pankraz nicht wie sonst uneingeschränkt zuzustimmen, wenn er in der "Koalition der Einheger" bessere Chancen erkennt. Fakt ist, daß es mit unseren überbordenden Staatsschulden und nicht leistenden Menschen nicht so weiter gehen kann und daß dies durch möglichst alle bezahlbaren Leistungsträger überwunden werden kann. Mit anderen Worten: Der in unserem Staat vorhandene große Bedarf an Arbeit und Schwarzarbeit ist mit einem Angebot an Arbeitskräften mit einem marktgerechten Preis-Leistungs-Verhältnis zu befriedigen. Als Vorbild, wie dies mit der Akzeptanz der Globalisierung geschehen kann, dienen Neuseeland und andere Länder auch. Für eine vorteilhafte nationale Einhegung mit Zukunftschancen ist wenig Positives bekannt. 

Dr. Ekart Schaarschmidt,  Waldbronn

 

 

Zur Fernsehdebatte zwischen Bush und Kerry

Fatale Erinnerung

Eigentlich hätte man es sich schon vorher denken können: Für die deutschen Medien durfte es nach der ersten Debatte zwischen Präsident Bush und seinem Herausforderer Kerry - trotz entgegengesetzter Analysen unabhängiger Forschungsinstitute - nur einen Sieger geben: John Kerry! Diese Form der unobjektiven Nach-Berichterstattung erinnert in fataler Weise an die erste deutsche TV-Debatte 2002 zwischen Stoiber und Schröder, als für jeden ersichtlich Stoiber argumentativ punktete, aber die "veröffentlichte Meinung" Schröder aufs Siegerpodest hob. Frage: Wozu dann noch TV-Debatten, wenn das Ergebnis - zumindest für die Medien - schon vorher feststeht?

Stefan Herre, Köln

 

 

Zu: "Quo vadis, Klimaschutz?" von Bernd Thomas Ramb, JF 41/ 04

Energie sparen

Wieso muß man von Zeit zu Zeit diese Aussagen zur Kernkraft in der jungen freiheit lesen? Es ist natürlich ungünstig für die Wirtschaft, wenn die Energiepreise steigen nur: Wird sich das tatsächlich ändern lassen? Durch neue AKW? Warum nur ist es so schwer für manche, sich damit abzufinden, daß es so nicht weitergehen kann? Fossile Brennstoffe und Kernkraft lassen sich nicht durch regenerative Energien ersetzten - gut, dann wird sicher der Preis die Nachfrage regeln. So hart das auch klingt, man kann doch nicht der Bequemlichkeit halber einfach zu einem schlichten "Weiter so" übergehen, nur weil man zum Beispiel auch in der Dritten Welt nicht zur Kenntnis nehmen kann oder will, daß es Zeit für einen Wechsel ist. Warum ist denn die Kernkraft so konkurrenzlos "billig"? Wird sie nicht seit Jahr und Tag durch die Hintertür subventioniert? Wurde nicht kürzlich in dieser Zeitung die Aussage eines Politikers abgedruckt, daß die Uranvorkommen auch nur noch für 60 Jahre reichen? Also ist doch so oder so ein Ende absehbar. Ich gebe zu, ich bin kein Fachmann dieser Materie, bloß der Menschenverstand sagt es einem doch, daß alles mal zu Ende geht. Was ist die Alternative? Energie sparen. Nicht nur in den USA gibt es Leute, die rund um die Uhr ihr Haus hell erleuchten. Diese Leute, die es nicht lernen zu sparen, werden eben (finanziell) untergehen. Bei den Firmen wird es ähnlich sein. Wer nicht innovativ genug ist, Energieverbrauch und somit Kosten zu senken, verschwindet eben vom Markt.

Sebastian Paschinsky, per e-post

 

 

Zu: "Retourkutsche für die Treuhand", Interview mit Wilhelm von Gottberg, JF 39/04

Ruhiggestellte Vertriebene

Die Vertriebenen wurden von Beginn an durch ihre Verbände ruhiggestellt. Die Spitzen der Verbände waren immer durch die Politik besetzt. Dadurch und mit Geldzuschüssen wurde verhindert, daß die Vertriebenen ihre Rechte vehement eingefordert haben. Auch Herr von Gottberg und Frau Steinbach gehören zu diesen Ruhigstellern. Eine echte Vertretung und Forderung der Rechte von Flüchtlingen und Vertriebenen gab es noch nie in den Vertriebenverbänden. Dies ist wirklich nur durch eine Einrichtung wie die Preußische Treuhand möglich. Die Führungen der Vertriebenenverbände sind einfach nur Verräter der ostdeutschen Bevölkerung.

Klaus Dittmann, Lippstadt

 

 

Zu: "Kein Schlußstrich" von Dieter Stein, JF 40/04

Meinungsdiktatur

Wer ist die deutsche Rechte? Ich meine, daß nationalbewußte konservative Deutsche, die man als rechts bezeichnen kann, keine parteipolitische Heimat haben. Das Wissen der heutigen Deutschen um die eigene jüngere Vergangenheit wird in der Regel allein vom Holocaust bestimmt. In gewisser Weise läßt sich in unserem Land eine Meinungsdiktatur der Political Correctness feststellen. So gibt es auch keine zutreffende Rückschau, kein objektives Geschichtswissen, ein ganzes Volk ist fehlinformiert. Wenn ich mich nach der Verantwortung für die Vergangenheit frage, dann sehe ich kein verantwortliches Handeln, denn das besteht nicht darin, dem eigenen Volk immer und immer wieder die rote Karte zu zeigen. Die Verbrechen der Nazis sind gewaltig und nicht durch Scham und oder andere bürgerliche Empfindungen zu kompensieren. Aber ich schäme mich nicht. Ich habe nichts ver-brochen und niemanden je etwas zuleide getan. Ich bekenne mich zur deutschen Geschichte. Für mich ist der Soldat, der eine Frau oder ein junges Mädchen vergewaltigt, eine Bestie wie derjenige, der einen Menschen ob seiner Herkunft oder Religion ermordet. Und auch den oder die, die unschuldige Menschen in Israel oder im Irak mit Selbstmordattentaten umbringen, zähle ich nicht zu uns Menschen. Meine Antwort auf die Verbrechen des NS-Staates ist die eigene Lebensführung. Schämen kann ich mich nur für mich selber! Aber nur wenn ich etwas begangen habe, dessen ich mich schämen müßte. 

Wolfgang Runge, Berlin

 

 

Zu: "Vergeßt mir meine Traudl nicht" von Jens Knorr, JF 38/04

Ohne Fahrräder

Eins stimmt in dem sehr guten Film "Der Untergang" nicht: das Ende. Ich war 1945 zwölf Jahre alt. Nie wäre eine so hübsche Frau wie die Sekretärin Junge auch mit einem Kind ungeschoren davongekommen, und schon gar nicht mit einem Fahrrad. Ich habe das alles erlebt und auch, was meine Mutter erduldet hat. Meine Schwiegermutter ist ebenfalls zigmal vergewaltigt worden, sie war damals nicht wie Frau Junge in den besten Frauenjahren - und trotzdem! Anbei: Die Fahrräder wurden wir gleich los, noch vor den Vergewaltigungen und dem Entwenden der Uhren.

Dieter Krüger, Neubrandenburg

 

 

Zu: "Pankraz, Dionysos und die Gier der Igel nach Nikotin", JF 38/04

Prima Gebrauchsanleitung

Es mag Tiere geben, die einen "Rauschzustand" erleben, auch Igel, die nach Zigarettenkippen "gieren". In dieser Naturbeschreibung hat Pankraz geschickt den Vergleich mit menschlichen Rausch- und Glückszuständen eingebettet. Alsdann fällt ihm der Übergang in das Lust- und Freiheitsleben von rauchlustgenießenden Menschen nicht schwer.

Tröstlich ist zu lesen, daß der "Genuß ohne Reue" von Pankraz als Schädigung der Volksgesundheit anerkannt wird, allerdings mit dem Nachschlag, erst einmal die Wonne primärer Erfahrungen zu machen. Das ist freilich eine prima Gebrauchsanleitung für 14jährige, den "Naturzustand" der Freiheit kennenzulernen. Ob Pankraz sich seiner Verantwortung bewußt ist mit solchen Erfahrungen?

Karl Dimmig, Neuss

 

 

Zu: "Die schwache Mitte" von Dieter Stein, JF 40/04

Politische Ich-AGs

Es ist bemerkenswert, daß in den Medien die Begriffe rechts, rechtsradikal und rechtsextrem synonym verwendet werden. Der von Ihnen so geschätzte Ex-CDU-Politiker Martin Hohmann wird von den Medien mit den Aktivisten der NPD praktisch gleichgesetzt. Es ist die Unfähigkeit der gerade von Ihnen so favorisierten Bürgerlichen, egal ob Kappel, Brunner, BFB oder anderer politischer Randgruppen und Ich-AGs, daß sich die Radikalen durchgesetzt haben. Selbst wenn sich Hohmann trauen würde, eine eigene Partei zu gründen, wäre diese bedeutungslos. In der Politik wie sonst auch gelten die darwinistischen Gesetze: "Natural Selection ... in the Struggle for Life". Die NPD muß nur die nächsten Jahre überleben. Der Abbau des Sozialstaates und der drohende Staatsbankrott wird die Radikalen "herrlichen" Zeiten entgegenführen.

Gabriel García Moreno, Ecuador

 

 

Zu: "Geschichtenerzähler aus der zweiten Reihe" von Horst Boog, JF 40/04

Kein Kavaliersdelikt

Generell ist die Art und Weise, wie im Fernsehen "Geschichte" angeboten wird, fragwürdig. Neben den oft starke Emotionen erzeugenden Bildern wird versucht, mittels Stellungnahmen von Historikern den Eindruck von Wissenschaftlichkeit und Seriosität zu erwecken. Ein problematisches Konzept, da man sich damit sehr oft auf eine "pseudowissenschaftliche" Ebene begibt, beziehungsweise die Gefahr des Dilettantismus besteht.

Im weitesten Sinne fallen schon Leichtfertigkeit und Schlamperei bei der wissenschaftlichen Arbeit unter die Rubrik "Wissenschaftsbetrug". Was für Wissenschaftler gilt, gilt auch für ZDF-Historiker. Wer sich mit einer halbfertigen Recherche an die Öffentlichkeit wendet, begeht also kein Kavaliersdelikt, sondern möglicherweise eine Fahrlässigkeit. Laut Ihrem Artikel entsteht der Eindruck, daß die "Frontal"-Redaktion sich nicht aufgrund einer Recherche eine Meinung gebildet hat, sondern daß sich die Recherche der vorgegebenen Meinung anpassen mußte. Ein solches Vorgehen wäre zumindest im Randbereich der Geschichtsfälschung anzusiedeln.

Dr. Martin Knigge, per e-post


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