© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 46/04 05. November 2004

Frisch gepresst

Anmerkung eines Patrioten. Bereits im Jahr 1998 legte der Urenkel Otto von Bismarcks und jetzige Chef des Hauses, Ferdinand Fürst von Bismarck, seine Anmerkungen eines Patrioten vor, in denen er - ähnlich dem "Ruck" des bald darauf scheidenden Bundespräsidenten Roman Herzog - eine Umkehr aus dem nationalen Jammertal forderte. Da beides bekanntlich nicht gefruchtet hat, legt von Bismarck jetzt nach. In gekonnter sprachlicher Manier widmet sich von Bismarck den Traumata unserer Vergangenheit, die es zu verarbeiten gelte, um Staat, Volk und Wirtschaft "wieder in den Sattel zu setzen". Natürlich kann er dabei seinen bescheiden gesteckten Rahmen der "Anmerkungen" kaum verlassen und bei ihrer Komplexität Themen wie demographische Entwicklung, Sozialstaat und Globalisierung allenfalls anreißen. Trotz allem ist seine Analyse nicht von der oft deprimierten, teilweise fast defätistischen Stimmung geprägt, die viele angesichts der kaum zu bewältigenden Probleme befällt. Im Gegenteil: Von Bismarck weist auf das Licht am Ende des Tunnels. Bereits bei der heutigen jungen Generation nimmt der 1930 Geborene eine Aufbruchstimmung aus der Krise wahr - auch einhergehend mit einer unverkrampften Haltung zu Volk und Nation (Setzen wir Deutschland wieder in den Sattel. Neue Anmerkungen eines Patrioten. Langen Müller, München 2004, 208 Seiten, gebunden, 19,90 Euro).

Margret Boveris Überleben. 1968 veröffentlichte die Berliner Publizistin Margret Boveri ihre Erlebnisse während der Belagerung der Reichshauptstadt und der ersten Monate unter alliierter Besatzungsherrschaft. Bis 1977 hatten ihre "Tage des Überlebens" immerhin die dritte Auflage erreicht, 16.000 Exemplare waren verkauft. Es gab also schon lange vor den Schilderungen der "Anonyma" die Möglichkeit, sich über die grausamen Realitäten der "Befreiung" zu informieren. Allerdings wollte die "Neutralistin" Boveri 1968 die Sowjets nicht verprellen, so daß sie über vieles den Mantel des Schweigens breitete. Die Neuausgabe, mit einer ausführlichen, autobiographischen Einleitung des Zeitzeugen Egon Bahr versehen, füllt diese Lücken nicht. Trotzdem sollte man froh sein, daß dieses kühle Protokoll des "Untergangs", gesehen aus dem Blickwinkel einer schier unerschütterlich neugierigen Beobachterin, wieder verfügbar ist (Tage des Überlebens. Berlin 1945, wjs Verlag, Berlin 2004, 327 Seiten, 22 Euro).


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