© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 48/04 19. November 2004

Meldungen

Grundgesetz gestattet EU-Referendum

MÜNCHEN. Verbietet das Grundgesetz (GG) ein Referendum über die EU-Verfassung? Selbst die hochgradig um Aktualität bemühte Zeitschrift für Rechtspolitik (7/04), die Michael Elicker (Privatdozent am Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht in Saarbrücken) zu diesem Thema zu Worte kommen läßt, scheint den Ereignissen hinterherzuhinken. Denn soeben hat die CDU-Vorsitzende Angela Merkel die rot-grünen Koalitionäre wissen lassen, daß sie zu Verhandlungen selbst über minimale "plebiszitäre Ergänzungen" des GG nicht bereit sei. Damit scheint der bundesdeutsche "Sonderweg" innerhalb der EU zementiert, mit dem Oliver Eberl gerade in einer brillanten Polemik abrechnet (Blätter für deutsche und internationale Politik, 11/04). Liege es doch, so Eberl, in den die "Logik des Regierungsdenkens" wie stets in ihrer ganzen aberwitzigen Pracht entfaltenden Begründungen des Außenministers Fischer, daß man "überhaupt gegen Wahlen" sei und darum "am besten allein entscheidet". Der EU-Beitritt der Türkei bietet dafür bereits ein Exempel. Solchem in Europa wieder einmal "singulären" deutschen Absolutismus entspricht nach Elicker das "Vorhaben der Bundesregierung, das Volk ungefragt der neugeschaffenen EU-Verfassung zu unterwerfen". Doch dabei, dies erweist Elicker nach umfänglicher Prüfung, kann sich die politische Klasse eben nicht auf das GG berufen. Artikel 20 II 2 GG erkenne ausdrücklich die Möglichkeit von Plebisziten an. Die Schutzbehauptung, das GG gestatte außerhalb der Länderneugliederung nur repräsentativ-demokratische Formen der Ausübung von Staatsgewalt, finde "im Grundgesetz keine Grundlage".

 

Akademische Algenblüte jenseits der Oder

BONN. Zum Weltkulturerbe haben 55 Jahre BRD nichts beigetragen. Goethes Weimar und der Kulturstaat Preußen werden da wohl auch noch die nächsten 100 Jahren für Deutschland in die Bresche springen müssen. Preußen wiederum hat diese kulturelle Spitzenposition mit mickrigen elf Universitäten errungen. Das muß man im Hinterkopf behalten, wenn man liest, daß sich 35 Millionen Polen gegenwärtig 426 Hochschulen leisten. Daß da nicht, nach Friedrich Engels, Quantität in Qualität umschlägt, deutet Hans Golombek (Deutscher Akademischer Auslandsdienst) in seiner Momentaufnahme zur "Situation eines expandierenden Hochschulwesens" in Osteuropa an (Forschung & Lehre 11/04). Denn zur universitären "Kapazitätsausweitung" tragen allein 290 private Hochschulen bei, für die eine halbe Million der insgesamt 1,85 Millionen polnischen Studenten jährlich etwa 1.500 Euro pro Nase Studiengebühren zahlen. "Marketing, Bankwesen und Management" kann man dort lernen, was nicht gerade nach alteuropäischer universitas literarum klingt. Hohe Ansprüche an die Allgemeinbildung dürften wohl auch an den zahlreichen, von Warschau "mitfinanzierten kirchlichen" unter den 136 staatlichen Hochschulen nicht gestellt werden. Dies gilt um so mehr für die zwölf Hochschulen, die der Ausbildung von "Seeleuten, Offizieren der Armee, Polizei und" - man staune - "Feuerwehr" dienen. Die seit 1998 gegründeten dreißig Fachhochschulen, die "Abiturienten vom Land" anziehen sollen, spielen ohnehin in der akademischen Kreisliga. Immerhin führte das bei diesen Strukturen unvermeidliche "Absinken der Qualität in Lehre und Forschung" 2002 zu Kontrollmaßnahmen. Seither sei zwar nicht das Niveau, aber immerhin das "Bewußtsein für Qualität erheblich geschärft" worden.

 

Erste Sätze

Laßt mich mit dem Ende beginnen.

Friedrich Sieburg: Afrikanischer Frühling. Eine Reise, Berlin 1938


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