© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 52/53 04 17./24. Dezember 2004

Meldungen

"Haßprediger": Senat prüft Ausweisung

BERLIN. Bis Ende des Jahres will der Berliner Senat klären, ob der als Haßprediger bekannt gewordene Imam der Kreuzberger Mevlana-Moschee, Yakup Tasci, ausgewiesen wird (JF 48/04). "Der Imam ist über das geplante Ausweisungsverfahren informiert", sagte die Sprecherin des Berliner Innensenators Ehrhart Körting (SPD) der Berliner Zeitung. Dem Bericht der Zeitung zufolge werte die Ausländerbehörde derzeit eine Stellungnahme des Anwalts des Imam aus. Das ZDF-Magazin "Frontal 21" hatte im November den Mitschnitt einer Predigt von Tasci gesendet, in der er die Deutschen beschimpft und als nutzlos bezeichnet hatte. Nach der Ausstrahlung der Sendung war der Imam, der seit 30 Jahren in Deutschland lebt, von dem Moschee-Betreiber, der Islamischen Föderation Berlin, suspendiert worden. Daraufhin hatte der Geistliche seine Äußerungen öffentlich bedauert und sich entschuldigt.

 

Türkei I: PDS kritisiert Haltung der CDU

Berlin. Die PDS hat die ablehnende Haltung der CDU zum EU-Beitritt der Türkei kritisiert und davor gewarnt, den möglichen Beitritt des Landes zum Wahlkampfthema für die Bundestagswahl 2006 zu machen. "Mit dieser Themensetzung will die Union ablenken von ihren innenpolitischen Konzepten, die Neoliberalismus und verstärkten Sozialabbau bedeuten, sie will außenpolitisch die Europäische Union ihrer Offenheit berauben und religiös festlegen", sagte Katina Schubert, die innenpolitische Sprecherin des PDS-Parteivorstandes. Die CDU vermenge undifferenziert und unqualifiziert die Themen Terrorismusgefahr, Leitkultur und Parallelgesellschaft. Es entstehe ein gefährlicher Mix, der Ressentiments und Rassismus gegenüber Türken und anderen Zuwanderern schüre.

 

Türkei II: Historiker warnt vor EU-Beitritt

Frankfurt/ Main. Der Berliner Historiker Heinrich August Winkler hat sich gegen eine Vollmitgliedschaft der Türkei in der Europäischen Union ausgesprochen und vorgeschlagen, dem Land statt dessen eine privilegierte Partnerschaft anzubieten. Diesen Begriff habe er bereits Ende 2002 vorgeschlagen, sagte Winkler in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Wenn die EU am Ziel einer politischen Union festhalten wolle, müsse sie an ein europäisches Wir-Gefühl appellieren können. "Das aber kann sie mit Sicherheit nicht mehr, wenn die Türkei Vollmitglied wird", sagte Winkler. Er äußerte zudem die Auffassung, daß das Maß der Verwestlichung der Türkei überschätzt werde. Das Land habe zwar viele westliche Gesetzbücher rezipiert, es fehle ihm aber das, was Montesquieu den "Geist der Gesetze" genannt habe. "Vieles von dem, was es in der Türkei seit der Zeit Atatürks an Reformen gegeben hat, könnte man als autoritäre Modernisierung charakterisieren", sagte der Historiker, der Mitglied der SPD ist.


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