© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 02/05 07. Januar 2005

Charmin für Regierungsärsche
In Großbritannien stritten Behörden und Berufene achtzehn Jahre lang um das richtige Klopapier in Amtsstuben
Richard Stoltz

Für Kopfschütteln, aber auch Heiterkeit in englischen Wohnstuben sorgt dieser Tage ein Bericht des Daily Telegraph. Die in London erscheinende Zeitung zitierte aus einem umfangreichen Schriftverkehr, in dem es um die Hämorrhoiden eines Diplomaten und das richtige Toilettenpapier im öffentlichen Dienst Großbritanniens ging. Volle achtzehn Jahre beschäftigte dieses Thema britische Behörden.

Begonnen hatte die Posse 1963 mit einem Schreiben des Londoner Arztes John Hunt an den Gesundheitsdienst der Regierung, in dem sich der Mediziner um das Wohl eines Diplomaten sorgt. "Einer meiner Patienten ist der Ansicht, daß das Regierungsklopapier veraltet und extrem unzuträglich für sein Leiden (Hämorrhoiden) ist", schrieb der besorgte Arzt nach einer Untersuchung von Sir John Pilcher, dem damaligen britischen Botschafter in Österreich. Es stelle sich die Frage, "ob es Chancen gibt, das Papier gegen ein weicheres Modell auszutauschen".

Dem Schreiben folgte ein jahrelanger lebhafter Schriftverkehr, an dem sich unter anderem streitbare Gewerkschaften, die für sämtliches Regierungsklopapier verantwortliche Königliche Papierwaren-Behörde und die britische Schule für Hygiene und Tropenmedizin beteiligten. Ergebnis: In den Behörden wechselte das Toilettenpapier im Laufe der Jahre von ultrahartem Billig-Papier über rustikales Krepp bis zu weichem Klopapier. Der Streit endete erst, als 1981 endlich das Soft-Papier in britischen Behörden-Toiletten Einzug hielt. So weit, so lustig. Bleibt noch die Frage, wie es wohl um das Klopapier in deutschen Amtsstuben bestellt ist. Da wüßte man doch auch gern mehr drüber.


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