© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 03/05 14. Januar 2005

Klarheit
Israel will die Claims Conference kontrollieren
Ivan Denes

Ein neues Gremium soll der Conference on Jewish Material Claims Against Germany (JCC/ www. claimscon.org) übergeordnet werden. Das israelische Parlament hat dazu letzte Woche in erster Lesung ein Gesetz verabschiedet, das die Gründung eines panjüdischen Ausschusses vorsieht, der die Gelder, die aus der Holocaust-Wiedergutmachung stammen, verwalten und gleichzeitig die Holocaust-Überlebende weltweit vertreten soll. Der Gesetzentwurf wurde von dem Vorsitzenden des Finanzausschusses der Knesset, dem Likud-Politiker Abraham Hirchson, eingebracht.

Zur Zeit ist das wichtigste Gremium in diesem Bereich noch die JCC, eine Dachorganisation, die ihren Sitz in New York hat und die Holocaust-Überlebende und deren Erben vertritt, deren Eigentum gestohlen wurde. Ab 1951 wurde in Westdeutschland ein umfassendes System der Wiedergutmachung aufgebaut. Die Regelungen erfolgten in einem Vertrag zwischen der Bundesrepublik, dem Staat Israel und verschiedenen jüdischen Organisationen. Die Zahlungen erfolgten einerseits an Israel und andererseits an die JWC.

Seit 1990, schreibt die linksliberale israelische Tageszeitung Haaretz, die über den parlamentarischen Vorgang berichtete, habe die Claims Conference aufgrund einer Bestimmung in deutschen Gesetzen, die der JCC Eigentumsrechte über erbenloses jüdisches Eigentum einräumt, in Deutschland eine große Anzahl von Grundstücken in Besitz genommen. Die Summe - mehr als eine Milliarde Dollar - wurde unter verschiedenen Organisationen aufgeteilt, die Holocaust-Überlebende betreuen und die Erinnerung an den Holocaust aufrechterhalten. Dabei haben Organisationen, die in Israel beheimatet sind, nur teilweise von diesem Geld profitieren können, was böses Blut und heftige Kritiken von Politikern und Organisationen auslöste.

Hirchsons Vorstoß sieht vor, daß zwischen der Claims Conference und der israelischen Regierung eine Vereinbarung zur Gründung eines gemeinsamen Komitees unterschrieben wird, das sämtliche "relevanten Aktivitäten" in diesem Bereich koordinieren soll. Zweck seines gesetzgeberischen Vorhabens sei die Schaffung eines Gremiums, das den Holocaust-Überlebenden mehr Beistand sichern soll. Nach Meinung Hirchsons soll dem jüdischen Staat, der auch Hort für die größte Zahl noch lebender Holocaust-Opfer ist, eine größere Rolle in diesen Fragen zukommen.

Die Claims-Conference-Funktionäre, allen voran JCC-Chef Israel Singer, der auch der amtierende Vorsitzende des World Jewish Congress (WJC) ist, lehnen die Hirchson-Initiative ab: sie stelle den Versuch israelischer Politiker dar, die Verwaltung der Holocaust-Gelder zu übernehmen. Der JCC droht nun auch noch ein Gerichtsverfahren, angeregt von der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, die Anspruch auf gewisse Hauptstadtimmobilien erhebt, auf die wiederum die Claims Conference nicht verzichten will.

Singer steht zudem seit Wochen im Kreuzfeuer der Kritik, nachdem ein Genfer Konto gefunden wurde, auf dem 1,2 Millionen Dollar WJC-Gelder entdeckt wurden, die angeblich für Singers zukünftige Rente gehortet wurden. Eine Untersuchung ist im Gange, nachdem WJC-Vizepräsident Isi Leibler WJC-Präsident Edgar Bronfman und Israel Singer beschuldigte, das Vermögen des WJC so verwaltet zu haben, als ob es ihr privates wäre.


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