© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 03/05 14. Januar 2005

Südliches Engagement
Touristik: Spanier sind nun größter Einzelaktionär bei TUI
Hans-Ulrich Pieper

In der TUI-Zentrale in Hannover wird nun häufig spanisch gesprochen. Die auf Mallorca ansässige Familie Riu ist mit zehn Prozent größter Einzelaktionär von Europas größtem Reiseveranstalter geworden. Carmen Riu, die mit ihrem Bruder die Hotelgruppe führt, erklärte, es gehe "um ein langfristiges Engagement", und schloß damit Spekulationen über einen Weiterverkauf aus.

Seit mehr als einem Jahr versuchte die WestLB 31,3 Prozent der TUI-Aktien zu verkaufen. Die WestLB verlangte dafür 1,2 Milliarden Euro (JF 45/04). Die kanarischen Firmen Lopesan und Satocan hatten bis zum Schluß versucht, das 31,3 Prozent-Paket zu übernehmen, um damit wieder mehr Urlauber aus Europa auf die kanarischen Inseln zu bringen. Doch TUI-Chef Michael Frenzel mauerte. Man habe vom TUI-Vorstand "nie die entsprechende Buchprüfung bekommen, die mehrmals verlangt worden war" so Eustasio Lopez.

Während die Lopesan-Gruppe offenbar bereit war, 17 Euro pro Aktie zu zahlen, brauchte die mit TUI durch zahlreiche Verträge verbundene Riu-Familie nur 16,50 Euro je Aktie für die insgesamt 55 Millionen angebotenen Aktien zu zahlen. So erzielte die WestLB nur rund 950 Millionen Euro und einen Buchgewinn zwischen 25 und 30 Millionen Euro. In den Büchern der WestLB stand das Papier nach mehrmaligen Wertberichtigungen plötzlich mit 16,50 Euro - da griff die Riu-Familie zu, und TUI-Boß Frenzel war zufrieden.

Denn die Kanaren wollten "die TUI-Strategie prüfen", um das hochverschuldete Unternehmen wieder in die schwarzen Zahlen zu bringen. Von der Riu-Familie ist das nicht zu erwarten. Sie ist zufrieden, wenn ihre Hotels von der TUI ausgelastet werden. Das kann Frenzel angesichts des massiven Rückgangs der Tourismuszahlen zwar nicht zusagen, doch seine hausinterne Macht scheint noch einmal gesichert. Für den Fall einer weniger TUI-freundlichen Verkaufslösung war in der Branche eine Ablösung Frenzels nicht ausgeschlossen worden.

Im Konsortium mit Riu übernahmen die spanische Sparkassengruppe CAM 4,9 Prozent und die Hotelgruppe Grupo de Empresas des einstigen spanischen Außenministers Abel Matutes 2,4 Prozent der TUI-Aktien. Die übrigen 14 Prozent plazierte die Deutsche Bank, die bei dem gesamten Verkauf als Zwischenhändler fungierte - nach eigenen Aussagen bei institutionellen Investoren in Europa.

Obwohl die WestLB ihren ursprünglichen Verkaufspreis für das Aktienpaket bei weitem nicht erreichte, resümiert WestLB-Chef Thomas Fischer: "Wir haben unser Ziel, die TUI-Aktien noch in diesem Jahr zu einem angemessenen Preis in verantwortungsvolle Hände abzugeben, vollauf erreicht." Verantwortungsvolle TUI-Aktionäre werden allerdings fragen, wie es zu der Preissenkung des angebotenen Aktienpaketes kam. Die nächste Hauptversammlung kommt bestimmt.


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen