© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 03/05 14. Januar 2005

Zeitschriftenkritik: Freundeskreis Geomantie
Einblicke in die Anderswelt
Werner Olles

Der Freundeskreis Geomantie e.V. berichtet mit seinem vierteljährlich im zehnten Jahrgang erscheinenden Rundbrief, der den Mitgliedern und an der Thematik Interessierten kostenlos zugestellt wird, über seine Arbeit sowie über Arbeiten und Einsichten Dritter im Bereich der Geomantie. Mit Berichten, Kommentaren, Personalia, Themen und Terminen soll dogmenfrei ein Ausschnitt geomantischer Arbeit - die hierzulande bislang immer noch ziemlich "verschüttet" ist - aufgezeigt werden.

In der aktuellen Ausgabe des Rundbriefs sticht ein Beitrag über Goethes Farbenlehre hervor, die dieser über einen Zeitraum von mehr als vierzig Jahren betrieb. Angeblich hielt er diese Studien für wichtiger als seine gesamten poetischen Werke und plante noch an seinem Todestag Farbversuche mit seiner Schwiegertochter Ottilie. Sein mehrbändiges Werk "Zur Farbenlehre" war zuvor von den Wissenschaftlern als "zu esoterisch" abgelehnt worden, doch der große Dichter bestand entschieden darauf, "daß man den Farben als physischen Erscheinungen zuerst von der Seite der Natur beikommen müsse". Scharf wandte er sich gegen die Farbentheorien Isaac Newtons und knüpfte dabei an Leonardo da Vinci an, dessen Hypothesen zur Entstehung der Farben er bei seiner ersten Italienreise in Rom studiert hatte. Goethe kam zudem eine eigentümliche visuelle Veranlagung zugute, die ihn dazu bewog, sich als "Augenmensch" zu bezeichnen. Bilder und Szenen, die ihn beeindruckten, konnten ihm Stunden, Tage und sogar Jahre später als farbige Halluzinationen erscheinen. Heute gilt Newtons Annahme, die Brechbarkeit des Lichts sei allein bestimmend für das Farbempfinden, als widerlegt, während die moderne Physik die Gedanken Goethes zu den Farben, die auf den Farbtheorien Platos und Leonardo de Vincis beruhen, unterstützt, wenn nicht gar zu bestätigen scheint.

Ein weiterer Aufsatz befaßt sich mit dem Wesen der verschiedenen Holzarten und der Geschichte der Holzstämme. In einem persönlichen Erlebnisbericht aus einem Eibenwald bei Wessobrunn im Pfaffenwinkel, einer Region im bayerischen Oberland, schildert der Autor sehr anrührend seine Einblicke in dieses Naturareal. Er zitiert Hildegard von Bingen, die bereits vor achthundert Jahren den Eibenbaum als "Sinnbild der Fröhlichkeit" beschrieb, während ihm heute manchmal eine gewisse Düsternis nachgesagt wird. Vor allem aber spürt der Erzähler in dieser faszinierenden, fast noch unberührten Wildnis ein starkes Kraftfeld und erfreut sich an der Atmosphäre der "Anderswelt", einem in Europa einmaligen Bestand von circa zweihunderttausend Eiben. Dies ist in erster Linie dem Kloster Wessobrunn zu verdanken, das hier schon vor über 750 Jahren dem Raubbbau an der Natur ein Ende gemacht hatte. In der Klosterapotheke war die Eibe als ausgezeichnet wirkendes Mittel gegen Gicht, Rheuma und Frauenleiden bekannt. Jetzt sind die Bäume für den stillen und staunenden Wanderer ein "Elixier aus Seelennahrung".

Anschrift: Freundeskreis Geomantie e.V., c/o Reinhard Thiel, Bahnhofstr. 6, 85238 Petershausen. Internet: www.geomantie.org 


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