© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 06/05 04. Februar 2005

Der Rekord von 1931
von Jörg Fischer

Im Jahre 1931 gab es in Deutschland eine Reichsanstalt mit 13 Landesarbeitsämtern und 360 Arbeitsämtern. Im Januar 2005 gibt es eine Bundesagentur für Arbeit (BA) mit zehn Landesarbeitsämtern und 181 Arbeitsagenturen. Historische Vergleiche hinken, und Hartz-IV-Empfänger leben besser als Arbeiter von 1931: Doch die erschreckende Zahl von fünf Millionen Arbeitslosen ist nun wieder erreicht. Arbeitsminister Wolfgang Clement (SPD) macht nun die statistischen Auswirkungen der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe (Hartz IV) verantwortlich - und sagt damit nur die halbe Wahrheit.

Es ist richtig, daß etwa 250.000 Neuzugänge aus der Sozialhilfe die Arbeitslosenzahl erhöhen. Doch selbst ohne "Hartz-IV-Effekt" sind es gegenüber Dezember 2004 über 20.000 mehr. Und was noch schlimmer ist: An anderer Stelle trickst Clement noch geschickter. Momentan sind schätzungsweise 1,4 Millionen in "Eingliederungsmaßnahmen" der BA tätig - sie werden nicht mitgezählt. Weitere 600.000 Arbeitslose sollen 2005 "Ein-Euro-Jobs" übernehmen - und so ebenfalls aus der Statistik verschwinden. Und ob die Zahl derjenigen, die sich im Vorruhestand oder der Frühpension befinden, unter oder weit über einer Million liegt, wissen selbst Arbeitsmarktforscher nicht genau zu sagen. Somit sind in Wahrheit sogar die Arbeitslosenzahlen von 1932/33 längst überschritten. Wenn nun bei den Betroffenen weiter gespart wird, aber gleichzeitig keine neuen Stellen angeboten werden, könnte es früher oder später ein böses politisches Erwachen geben.


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