© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 06/05 04. Februar 2005

Leserbriefe

Zu: "Falsche Antworten" von Dieter Stein, JF 05/05

Die andere Hälfte der Wahrheit

Vor 60 Jahren starben in Dresden, allein in einer einzigen Stadt, genauso viele Menschen wie nach der Flutkatastrophe in den vielen Ländern des gesamten Indischen Ozeans. Heute läuft die größte Hilfsaktion aller Zeiten an. Damals flogen die Alliierten noch eine zweite und dritte Napalmwelle auf die völlig wehrlose, im Todeskampf liegende Stadt Dresden mit ihren Hunderttausenden Flüchtlingen und Verwundeten aus dem Osten. Und die sich mit Not auf die Elbwiesen oder in den Stadtpark flüchten konnten, so habe ich es schon im DDR-Geschichtsunterricht gelernt, wurden von amerikanischen Tieffliegern dahingemetzelt.

Die NPD spricht hier von Massenmord und von Bombenholocaust, weil mehr Menschen qualvoll verbrannt sind als nach dem Atombombenabwurf auf Hiroshima. Das ist nichts anderes als die Wahrheit, die hat nunmal ein langes Leben und holt jeden irgendwann einmal ein.

Jörg Tantau, Per E-Post

 

Keine Ungleichheit im Tod

Es gibt noch Zeugen der Bombennächte in Deutschland, in denen nach amtlichen Angaben innerhalb von wenigen Minuten rund eine Viertelmillion Menschen mit einer speziellen Tötungstechnik ausgelöscht wurden. Die Erinnerung hieran können die Zensoren und Gehirnwäscher von heute nicht aus den Köpfen der Überlebenden ausradieren. Die Erinnerung an die Toten von damals gehört genauso zur nationalen Identität wie das Gedenken an die Menschen, die das NS-Regime hingemordet hat. Es ist weder der CDU noch einer anderen Partei gelungen, das Ausmaß des gesamten gegenseitigen Tötens herauszustellen und zu verarbeiten. Es gibt keine Toten unterschiedlicher Klassen. Es besteht die Gefahr, daß eine Selektion der Geschichte zugunsten von Interessengruppen unseren Nachkommen darüber falsche Vorstellungen vermittelt.

Herbert Gassen, Bruchköbel

 

Zeit für Fakten

Das Aufsehen um die NPD im sächsischen Landtag zeigt an, wie unvollkommen alles ist. Durch ihre Zurechtrückung in Richtung einer historischen Objektivität wurden sorgsam verschlossene Kammern geöffnet. Das Wissen um eine internationale Geschichtsforschung wurde erkennbar. Die vom sächsischen Volk gewählten NPD-Abgeordneten hätten den Plenarsaal sicherlich nicht verlassen, wenn man der Opfer beiderseits der Fronten gedacht hätte.

Viele Deutsche aller lebenden Generationen wissen heute, daß die Haßausbrüche von Winston Churchill - man kann diese in den verwahrten Protokollen bereits seit 1925 nachlesen - zur Flächenbombardierung Deutschlands und damit zu Hunderttausenden von toten Zivilisten führten und unsere Städte in Schutt und Asche legten. Außerhalb Deutschlands wird dies als Völkermord deklariert; bei uns gehört dieser Abschnitt zur "Befreiung vom Nationalsozialismus". Kein klar denkender Deutscher kommt auf die Idee, diese Zeit zu verherrlichen, jedoch ein halbes Jahrhundert nach dem Zweiten Weltkrieg ist es Zeit, Tacheles zu reden, um sich schrittweise den damaligen historischen Gegebenheiten zu nähern - sonst machen wir uns vor der Welt lächerlich.

Hugo Lidl, Bad Feilnbach

 

 

Zu: "Der stumme Schrei" von Bernd-Thomas Ramb, "Es fehlt das Leitbild" von Dieter Stein und "Das Tötungsereignis unserer Zeit", Interview mit Mechthild Löhr, JF 04/05

Mutige Tat

Vielen Dank für Ihre klaren Worte in Sachen Abtreibung! Die Herausgabe dieser Nummer ist eine mutige Tat. Endlich einmal nennt eine Zeitung den Massenmord an ungeborenen Kindern beim Namen: "Verbrechen", "Kindestötungen", "Massentötungen". Endlich einmal wird der Blick öffentlich auf "traumatisierte Frauen" gerichtet und "aus der christlichen Sicht" das Wort "fundamentalistisch" richtig gewertet. Dank an Bernd-Thomas Ramb. Dieter Stein deckt einen Hintergrund auf: "Kulturkampf gegen die Elternschaft"; und Mechthild Löhr bemerkt in ihrem Interview, daß die Abtreibung den Leuten als etwas anderes vorgegaukelt wird, als es tatsächlich ist. Und diesem Mangel treten Sie in Ihrer Zeitung entgegen.

Adolf Westerheide, Oerlinghausen

 

 

Zu: "Der beste Golfspieler der Welt" von Michael Insel, JF 04/05

Hughes begeistert von Me 262

Beim Wettlauf mit ihren Alliierten zur Erbeutung deutscher Hochtechnologie waren die Amerikaner ganz vorn (Operation Paperclip etc.). So wurden auch viele Exemplare des zweistrahligen Düsenjägers Me 262 nach USA verfrachtet und an die diversen Flugzeughersteller verteilt. Ein Patent-Klau in großem Stil begann. Auch die Hughes Aircraft Company erhielt eine Me 262 als Studienprojekt. Hughes war offensichtlich begeistert vom deutschen Entwurf und wollte mit dieser Me 262 an Luftrennen gegen den US-Düsenjäger P 80 (später F 80) teilnehmen. Die US-Regierung teilte Hughes' Begeisterung nicht und bewirkte die Streichung aus der Teilnehmerliste. Die Maschine "landete" schließlich im Museum auf dem Cino Airfield in Kalifornien.

Jochen Weber, Kirchheim

 

 

Zu: "Heimliche Vaterschaftstests verbieten" (Pro & Contra), JF 04/05

Persönlichkeitsrecht des Kindes

Es ist eine geradezu widersprüchlich, wenn einerseits bestimmte Leute einen ohne Zustimmung der Mutter veranlaßten Vaterschaftstest mittels DNA-Untersuchung künftighin als Straftat kriminalisiert sehen wollen, weil das Persönlichkeitsrecht und die damit verbundene Selbstbestimmung des Kindes verletzt würde, dem allein die Verfügungs- und Entscheidungsgewalt über die Preisgabe seiner genetischen Daten zustünde und obläge. Andererseits haben aber viele, zumeist dieselben Leute keine Probleme damit, daß Kinder mittels Abtreibung noch vor der Geburt straffrei massenhaft getötet werden, ohne hier nach dem Persönlichkeitsrecht und der Selbstbestimmung des Kindes überhaupt ansatzweise zu fragen, geschweige denn, daß an seine Verfügungs- und Entscheidungsgewalt über die Preisgabe seines Lebens auch nur ein Gedanke verschwendet wird.

Und hat irgend jemand schon einmal davon gehört, daß der Vater seine Zustimmung zur Abtreibung und damit Tötung seines Kindes geben muß oder zumindest soll?

Manfred Wandtke, Reichshof

 

 

Zu: "Ja, ich will" von Thorsten Thaler, JF 04/05

Dienstalterspräsident

Selbst wenn Franz Schönhuber im kommenden Jahr über die NPD-Liste in den Bundestag einziehen sollte, wird er dort nicht als Alterspräsident auftreten können. Im Falle eines Falles würde nicht Schönhuber als der älteste Abgeordnete im Plenum die Eröffnungsrede des Deutschen Bundestages halten, sondern der Dienstälteste an seine Stelle treten. Die Geschichte der BRD ist diesbezüglich nicht ohne Beispiel.

Gerhart Zobler, Niederkassel

 

 

Zu: "Offenheit muß sein" von Paul Rosen, JF 04/05

Wahlrecht ändern

Jede Lösung von mehr Transparenz bis hin zum totalen Verbot von Nebentätigkeiten für Volksvertreter, hat ihre Nachteile. Deshalb bietet sich eine andere Lösung an: Das Wahlrecht wird so geändert, daß die Wähler häufeln und panaschieren können. Dann können unangenehm aufgefallene Politiker nicht mehr auf der Landesliste abgesichert werden. Der Wähler kann dann korrupte Politiker und Diätentrickser von der Landesliste streichen und andere Politiker auf einen vorderen Listenplatz setzten. Die Parteien müßten sich dann, für sie völlig ungewohnt, der Lebenswirklichkeit stellen. Parlamente schweben dann nicht wie ein Raumschiff über der Realität. Es würde dadurch mehr Bürgernähe geschaffen. Zum Wohle der Demokratie.

Reinhard Wick, Bielefeld

 

 

Zu: "Der Fall Kardinal Meisner" von Dieter Stein, JF 03/05

Spiegels Machtmißbrauch

Die Reaktion von Herrn Kardinal Meisner auf die massive Kritik von Herrn Spiegel gefällt mir. Warum sollte er Zeit verschwenden, wenn jemand blind zu sein scheint für Meisners lebenswichtiges Anliegen? Noch kann Herr Spiegel das tolle Gefühl genießen: Eine Drohung, und schon tanzen hohe Kirchenmänner und Politiker nach seiner Pfeife. Herr Spiegel wird sich allerdings eines Tages gegenüber Gott, dem Herrn über Leben und Tod, verantworten müssen, warum er seine Macht nicht genutzt hat, um Herrn Meisner in seinem lobenswerten Einsatz für das ungeborene Leben zu unterstützen.

Rudolf Taubitz, München

 

Unverschämte Anmaßung

Der JF ist zu danken, daß sie die vollständige Predigt von Joachim Kardinal Meisner am Dreikönigstag abgedruckt und damit ihren Lesern einen besonderen Lesegenuß bereitet hat. Der vollständigen Wiedergabe der Predigt bedurfte es allerdings nicht, um die Kritik des Vorsitzenden des Zentralrats der Juden, Paul Spiegel, als das zu entlarven, was sie tatsächlich ist: eine unverschämte Anmaßung, ein übler Angriff auf die grundgesetzlich garantierte Meinungs- und Glaubensfreiheit.

Man kann darüber streiten, ob der Kardinal nach dieser massiven Drohung seine von Spiegel beanstandete Äußerung zurückgenommen hat, wie dies Dieter Stein in derselben JF-Ausgabe behauptet. Zwar hat der Kardinal erklärt, daß sein Verweis auf Hitler und Stalin unterblieben wäre, wenn er geahnt hätte, daß dieser Verweis hätte mißverstanden werden können. Von seiner im christlichen Glauben verankerten Überzeugung hat der Kardinal jedoch nichts preisgegeben.

Dr. Justus Lücke, Velbert

 

Noch mehr Beleidigte

Paul Spiegel, Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland, sieht durch die Äußerung des Kardinals Meisner in seiner Dreikönigspredigt die jüdischen Holocaustopfer beleidigt. Seine Empörung ist derart groß, daß er sogar mit gerichtlichen Schritten gedroht hat: Die Singularität des Holocaustverbrechens sei in Frage gestellt worden. Als eigenartig empfinde ich es nur, daß Herr Spiegel diese Einzigartigkeit nicht in Frage gestellt findet, wenn die Grünenpolitikerin Claudia Roth die in "Existenznot geratenen" Frauen, die abgetrieben haben, ebenfalls durch dieselbe Äußerung des Kardinals beleidigt sieht. Es wird hier offensichtlich mit zweierlei Maß gemessen, oder es sind andere Absichten im Spiel.

Heribert Schürmann, Homberg-Hülsa

 

Tragödie für unser Land

Es ist wirklich eine grausame Tragödie, die sich in unserem Land, aber nicht nur hier, abspielt. Die Angst um eine mögliche Beschneidung der individuellen "Freiheiten" ist akuter und wichtiger geworden als die Sorgen um die Zukunft unserer nächsten Generationen.

Stephan Bollmeyer, Bamberg

 

Liberales Verbrechen

Kardinal Meisner gebührt Dank für seine offenen und mutigen Worte, mit denen er die sich heute in Deutschland abspielende straffreie Massentötung ungeborener Kinder angeprangert hat. Ein Verbrechen, das wohl zu dem Schlimmsten gehört, was nach 1945 in Deutschland wieder geschehen konnte. Ihm hierbei Relativierung oder Verharmlosung des Holocaust vorzuwerfen, ist absurd. Doch sind die Parallelen sowohl zu den Verbrechen der Nationalsozialisten wie auch zu denen des Stalinismus nicht zu verkennen. Allen ist gemeinsam, daß einer Menschengruppe Schutz und Menschenwürde entzogen wird. Bei der vorgeburtlichen Kindestötung zwar nicht auf staatlichen Befehl, aber mit staatlicher Billigung und Mitfinanzierung. Auch hier wird einem "unerwünschten" Menschen eine Unwertqualität beigelegt, die seine Tötung rechtfertigt, zumindest jedoch straflos bleiben läßt. Weiter ist diesen Untaten gemeinsam, daß hinter ihnen eine menschenverachtende Ideologie steht, die zur Erreichung ihrer Ziele über Leichen geht. Bei der Abtreibung ist es die Ideologie eines schrankenlosen Feminismus und Liberalismus. Engagierte Lebensrechtler haben seit Jahren in Wort und Schrift auf diese Parallelen hingewiesen, wurden aber von den Medien größtenteils totgeschwiegen. Kardinal Meisner ist es gelungen, diese Schweigemauer zu durchbrechen.

Marion Gotthardt, Freiburg/Breisgau

 

 

Zu: "Eine Monarchie für Deutschland?" (Pro & Contra), JF 03/05

Wilhelm II. als Sündenbock

Obzwar Harald Lönnecker den Auftrag übernahm, einem selbstbezeichneten Monarchisten zu widersprechen, ist seine gegenteilige Meinung alles andere als überzeugend. Was er dem Kaiser Wilhelm zuschiebt, im Zug eines "persönlichen Regiments" "Millionen Tote zu verantworten", verfehlt ganz seine Wirkung. Niemand würde behaupten, daß Wilhelm wegen seiner Entgleisungen unbescholten ist.

Man muß kein Fritz-Fischer-Anhänger sein, um sich der Torheit des kaiserlichen Umfeldes bewußt zu sein. Was sich aber herausstellt, ist, daß Wilhelm nicht an diesen Vorfällen alleinschuldig war. Republikanische Regierungen eilten dem blutigen und nicht völlig voraussehbaren Gemetzel entgegen, ohne die Streitigkeiten zu Recht ausgetragen zu haben. Präsident Woodrow Wilson hat alle Register in Bewegung gesetzt, seine Wähler in die europäischen Feindseligkeiten hineinzudrängen. Gleiches trifft auf Eleutherios Venizelos, den demokratischen Antimonarchisten in Griechenland, zu. Diese Persönlichkeit ist für einen Kampf gegen Deutschland und gegen eine deutschstämmige griechische Dynastie eingetreten, die die Kriegsgefahr meiden wollte. Sein Zeitgenosse, der fromme österreichische Kaiser Karl, war dagegen bemüht, Frieden unter den Streitmächten zu errichten. Lönnecker unterstellt, daß das Wegkratzen von allem monarchistischen Mehltau einem verfeinerten Gemeinleben den Weg gebahnt hat. Angesichts der Bestechlichkeit und der Habgier der jeweiligen Politkaste erscheint das alles naiv und unbegründet zu sein.

Prof. Dr. Paul Gottfried, Elisabethtown/USA

 

 

Zu: "Quälerei von früh bis spät" von Ellen Kositza, JF 03/05

Napola und "AHS" verwechselt

Nach Kriegsende freundete ich mich mit Manoucher Hassan Zadeh an, einem Perser. Er war Napola-Schüler, ich ab Herbst 1944 Angehöriger des HJ-Führerkorps, als Offizierbewerber bei der Division "Großdeutschland" gelandet. Manoucher war ein feiner, lustiger Junge, dessen Familie dem Schah-Clan nahestand und der es im späteren Leben zu etwas brachte. Ich machte bei der "Großdeutschland" die im Rahmen der Offizierausbildung vorgeschriebene Frontbewährung, war zuletzt Fahnenjunker. Auf dieser Fahnenjunkerschule in Cottbus gab es in meiner Inspektion mehr als ein Drittel "Adolf-Hitler-Schüler", alle im selben Alter und meine besten Kameraden, aber keinen Napola-Absolventen, den ich befragen könnte. Deshalb wüßte ich gern, was an der Aussage Dennis Gansels (der Regisseur des Films, d. Red.) dran ist, der den Werdegang von "Adolf-Hitler-Schülern" nach meiner Meinung mit Napola-Schülern durcheinanderbringt.

Kurt Schild, Frankfurt/Main

 

 

Zu: "Rettet das Mauer-Mahnmal" von Dieter Stein, JF 01/05

Es fehlen noch Mahnmale

Fünfzehn Jahre nach dem Mauerfall hat Deutschland immer noch kein würdiges Denkmal für die 1.067 Mauertoten. Fast 60 Jahre nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges gibt es auch keine Gedenkstätte für die Vertriebenen. Hat die Nation die 15 Millionen Deutschen vergessen? Haben wir eine würdige Erinnerung an die Helden des 17. Juni 1953? Am 9. Mai 2005 zum 60. Jahrestag der deutschen Kapitulation wird das Holocaust-Denkmal für die jüdischen Opfer in Berlin eingeweiht. Das zeugt von politischer Kultur und Aufarbeitung der Vergangenheit - leider aber einer einseitigen Aufarbeitung. In Berlin werden Denkmäler für die Vertriebenen mit Millionen Todesopfern, für die Helden des 17. Juni 1953, für die Mauertoten fehlen. Es wird auch ein Denkmal für die 1,5 Millionen Kriegsgefangenen fehlen, die nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges in amerikanischen, englischen, französischen und sowjetischen Lagern zu Tode kamen.

Hans Kiosseff, Rohr


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