© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 08/05 18. Februar 2005

Der düpierte Kanzler
von Michael Wiesberg

Die Teilnehmer der 41. Münchner Sicherheitskonferenz zeigten sich alles andere als amüsiert ob des offensichtlich unabgestimmten Vorstoßes von Bundeskanzler Gerhard Schröder, in dem er unter anderem konstatierte, daß die gegenwärtigen Strukturen der Nato den Veränderungen der letzten Jahrzehnte nur unvollkommen Rechnung getragen haben.

Verteidigungsminister Peter Struck, der für den an Grippe erkrankten Bundeskanzler in die Bresche springen mußte, hatte alle Hände zu tun, den Eindruck zu zerstreuen, der Kanzler wolle die Nato "beerdigen". US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer widersprachen den Gedankengängen Schröders vehement. Sein Vorschlag, ein Gremium aus internationalen Experten zu berufen, aufgrund von deren Analyse Reformen auszuarbeiten seien, dürfte bereits in dem Moment Geschichte gewesen sein, als er durch Struck vorgetragen wurde.

Nicht "unsere amerikanischen Freunde", wie CSU-Landesgruppenchef Michel Glos zartfühlend meinte, dürften durch Schröders Initiative verunsichert worden sein, sondern einzig und allein bestimmte Mitglieder der Bundesregierung, die bei dem Versuch, endlich mal "große Politik" machen zu wollen, nachhaltig düpiert worden sind. Auch ein Schröder mußte vergangenes Wochenende einmal wieder zur Kenntnis nehmen, daß aus Sicht unserer "Freunde" von deutschem Boden politisch kein Eigensinn mehr auszugehen hat.


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