© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 08/05 18. Februar 2005

WIRTSCHAFT
Gläsernes Bankkonto für Zasterfahndung
Bernd-Thomas Ramb

Ab April dieses Jahres tritt das "Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit" in Kraft. Damit erhält jeder Finanzbeamte und jeder Mitarbeiter einer Sozialbehörde den Zugriff auf die Stammdaten sämtlicher bestehender Bankkonten. Über die "Kontenevidenzzentrale", an die sämtlichen Banken ihre Daten weiterleiten, können im direkten Zugriff auch Arbeitsamt-("Arbeitsagentur")-Mitarbeiter oder Bafög-Sachbearbeiter eigenmächtig Informationen über die Kontoinhaber abfragen, etwa über deren vollständigen Namen, die Namen der weiteren Unterzeichnungsberechtigten, deren Anschrift und deren Geburtsdatum. Kontostände und Geldbewegungen sind angeblich davon ausgeschlossen.

Bankkunde und Bank merken von alledem nichts. Dieser verfassungswidrig anmutende Sachverhalt soll durch eine Verwaltungsvorschrift bereinigt werden, nach der die ausforschende Behörde nachträglich den Observierten über den Datenzugriff informieren soll. Bei Verdacht - ist damit gemeint: zu viele Bankkonten und Wertpapierdepots? - darf zudem gezielt die Offenlegung der Kontenstände und Kontenbewegungen gefordert werden. Das Ziel scheint edel (Steuersünder und Sozialhilfebetrüger ausfindig machen) und die Datensuche moderat ("nur" Namen, Geburtsdaten und Anschrift). Auffallend ist allerdings die große Diskrepanz zwischen dem Gebaren der jetzigen rot-grünen Regierungs- und Parlamentsmehrheitsinhabern und dem der - vielfach personengleichen - Oppositionellen, die 1983 anläßlich der geplanten Volkszählung vehement gegen den "Schnüffelstaat" wetterten. Damals gab ihnen das Bundesverfassungsgericht recht. Nun liegt wieder eine Verfassungsbeschwerde vor. Ob ihr diesmal auch entsprochen wird?


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