© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 09/05 25. Februar 2005

"Jesus Revolution Army": Mit dem Zeitgeist auf Mission
Evangelikale auf Europa-Tour
Curd-Torsten Weick

Sie sind jung, gingen in eine eiserne Bibel-Schule in Norwegen, nennen sich gern "Jesu Soldaten" und wollen nun die Jugend Europas erretten. Die "Jesus Revolution Army" macht sich auf ihren eigenen Weg, das oftmals beschriebene spirituelle Vakuum bei Jugendlichen in Europa zu füllen. Die junge norwegische Sängerin und "Jesus Revolution"-Aktivistin Cecilie brachte im ARD-Zeitgeist-Magazin "Polylux" mit strahlendem Gesicht und überzeugtem Ausdruck die Intention der neuen evangelikalen Jugendbewegung auf den Punkt: "Wir wollen eine Armee aufstellen, weil wir Soldaten in der Armee der Liebe sind. Wir sind eine Liebesarmee. Wir wollen rausgehen und marschieren, wir wollen eine Revolution sehen, in dem Sinne, daß die Menschen die Liebe Gottes verstehen. Wir wollen uns nicht verstecken und leise von Jesus erzählen. Nein, laut! Jesus liebt Euch, er hat alles für Euch gegeben. Deshalb gehen wir raus und geben unser Leben, damit die Leute die Wahrheit erfahren."

"Wir wollen rausgehen und marschieren"

Die "Jesus Revolution"-Bewegung wurde im Jahr 1997 vom Osloer Jugendpfarrer Stefan Christiansen gegründet und baut auf der Überzeugung auf, daß "junge Leute bereit sind, auf das Evangelium zu reagieren, wenn es in einer Art gebracht wird, die sie verstehen". Und Christiansen vermittelte seine Botschaft auf eine Art, die bis dato vor allem in Norwegen von Erfolg gekrönt war. Hier brachte er jedes Jahr Tausende von jungen Leuten auf modern aufgepeppten "Events" zusammen und ist nun auf dem Weg, Europa zu missionieren.

Zu diesem Zweck besuchen die Interessierten eine Missionsschule in der Nähe von Oslo, in der sie dann über vier Monate ausgebildet werden. Neben dem konsequenten Bibelstudium, das die zukünftigen Jesus-Soldaten zu bibelfesten Streitern rüstet, wird auch auf die musikalische, tänzerische und technische Ausbildung der künftigen Missionare Wert gelegt, so daß sie gut gerüstet gen Süden geschickt werden können.

Tobias M. ist einer der "Revolutions-Soldaten" und kommt auf seiner Internetseite aus dem Schwärmen nicht heraus: "Das Leben ist wirklich wunderbar! Persönlich lerne ich mehr mit Gott, und mir kommt es so vor, als ob er mit mir gerade tiefer geht. Es ist auch gut, viel an andere weiterzugeben! Mein Lieblings-Team 'Urban Target' macht jetzt bereits seit 3-4 Malen den Jugendclub 'Urban Target Night'. Jeden Freitag von sieben bis nach zehn Uhr treffen wir uns in unserem cool designten Café mit Essen, HipHop DJ, Playstation 2, Tanzperfor-mances, lustigen Wettbewerben und Kurzpredigt. Jedesmal kam eine Handvoll neue Leute hinzu, und auch wir entwickeln uns beständig weiter!"

"Seelenfang durch zielgruppenorientiertes Marketing" nennt es "Polylux" und beschreibt damit punktgenau den Weg, den die "cool gestylte" "Jesus Revolution Army" zu marschieren gedenkt.

Auf der einen Seite "hippe" Straßenarbeit, "coole" Konzerte und "heiße" Jesus-Partys. Auf der anderen Seite - vor allem für die heutige Situation - hoch- provokante Bekenntnisse: Abtreibung ist Mord! Homosexualität Sünde! Vorehelicher Sex ebenso!

Die jugendlichen Seelenfänger packen althergebrachte Inhalte in neue Verpackungen und kämpfen im Namen Jesu für mehr Gottesfürchtigkeit. Im Jahr 2005 haben sie nun speziell Deutschland und Österreich im Visier. Denn anders als in den USA, in denen sich inklusive George W. Bush über 30 Prozent zum evangelikalen Flügel des Christentums bekennen, ist Deutschland auf diesem Feld noch Brachland, und so hoffen die "Jesus-Revolutionäre" auf fruchtbares Säen und Ernten.

Um sich unter den Jugendlichen Gehör zu verschaffen, veranstalten die Missionare in erster Linie Konzerte. Doch es sind nicht irgendwelche Konzerte, sondern Spektakel sondergleichen. Schon der Name "The Battle of Europe" ("Die Schlacht um Europa") suggeriert eine Dynamik, die die "Freedom Fighter" ("Freiheitskämpfer") dann in einer zweistündigen, modern inszenierten Show mit Licht- und Lasertechnik, professioneller multimedialer Performance und ebenso einstudierter Choreographie ans interessierte Publikum weiterzugeben zu versuchen.

Dieser moderne Kreuzzug läßt viele frösteln

Diese Form des modernen Kreuzrittertums läßt viele frösteln. Entsprechend sieht der linksliberale Wiener Standard "eine erzkonservative Bewegung, die versucht, Jugendliche mit sektenhaften Gemeinschaftsriten - andere nennen das Gehirnwäsche - zu 'Soldaten' Jesu zu machen".

Eine Internet-Stimme sieht es jedoch nicht so verbissen und erklärt: "Die Loser trauen sich nicht, richtig Krawall zu machen, zwischen dem 25. und 29. Mai 2005 hätten die in Hannover sein müssen, da hätten sie den Kirchentag aufmischen können, aber was machen sie? Da sind sie in Kaiserslautern unterwegs." Doch Kreuzrittertum hin und Gehirnwäsche her. Ob in München. Mailand, Madrid oder Graz, die ersten Soldaten sind schon längst gesichtet worden. Und wer weiß, wann die "Jesus Revolution Army" demnächst auch in Ihre Stadt einmarschiert?

Foto: "Battle for Europe"-Konzert: "Freedom Fighter" tanzen für Jesus


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