© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 10/05 04. März 2005

Kampf um Einfluß
Nordrhein-Westfalen II: Linke Sektierer in der Wahlalternative
Josef Hämmerling

Die Chancen von CDU und FDP für einen Machtwechsel in Nordrhein-Westfalen bei den Landtagswahlen am 22. Mai sind nicht schlecht. Hierzu könnte ausgerechnet eine Partei beitragen, die sich eigentlich dem Kampf gegen Union und Liberale verschrieben hat: Die neu gebildete Partei "Arbeit und soziale Gerechtigkeit - Die Wahlalternative" (ASG). Nach einer von infratest dimap im Auftrag der Zeitschrift Politik & Kommunikation erst vor wenigen Tagen veröffentlichten Umfrage sind drei Prozent der Deutschen fest entschlossen, bei der Bundestagswahl im September 2006 für sie zu stimmen. Für 19 Prozent liegt es im Bereich des möglichen. Da für die Wahl am 22. Mai in NRW ein Kopf-an-Kopf-Rennen erwartet wird, könnten also wenige tausend Stimmen entscheidend sein.

Allerdings droht der ASG eine Zerreißprobe. Parteimitbegründer und IG Metall-Funktionär Klaus Ernst hat sich Mitte Februar in einem Offenen Brief an den Bundesvorstand gewandt und gefordert, die ASG dürfe sich nicht zu einem Sammlungsbecken linker Splittergruppen entwickeln. Vielmehr müsse der Anspruch verwirklicht werden, eine "Sozialstaatspartei" zu sein. Doch sei gerade dieses Ziel derzeit in Gefahr. Ernst bemängelt, daß der Bundesvorstand, dem er angehört, sich auf seiner letzten Sitzung nicht klar von der Linksaußenpartei "Sozialistische Alternative" (SAV) abgetrennt und zugelassen habe, daß Mitglieder der SAV auch gleichzeitig ASG-Funktionäre sein können. Dadurch entwickele sich die ASG "weit weg von der ursprünglichen Idee". Gleichzeitig drohte Ernst: "Wenn das Projekt gegen die Wand gefahren wird, dann werden ich selbst und viele andere vorher dieses Projekt verlassen." Daß es sich bei der SAV um eine linksextreme Bewegung handelt, zeigt ihr "Grundsatzprogramm": Dort wird unter anderem eine Verstaatlichung der Rüstungsindustrie, Banken, Versicherungen und Konzerne gefordert. Außerdem wird eine monatliche "Mindestsicherung" für alle in Höhe von 1.000 Euro gefordert. Die Kritik von Ernst wird von den meisten ASG-Funktionären nicht geteilt. In einer Stellungnahme von acht Vorstandsmitgliedern heißt es, man sei angetreten, "eine politische Sammlungsbewegung zu schaffen, die sich der Bewahrung der Errungenschaft der Arbeiterbewegung zum Ziel setzt". Das gehe von "Kommunisten über Sozialisten bis zu Sozialstaatskonservativen und sozial orientierten Christen".

Am vergangenen Sonntag hat die ASG in Düsseldorf das Wahlprogramm für den 22. Mai beschlossen. Kernpunkt ist ein "konsequenter Kampf gegen Sozialabbau sowie die Stärkung der öffentlichen Finanzen durch ein solidarisches Steuersystem". Bei einem Überspringen der Fünf-Prozent-Hürde werde die ASG auf jeden Fall in die Opposition gehen; eine Tolerierung oder Koalition mit anderen Parteien kommt laut ihrem Spitzenkandidaten, dem Sozialpfarrer Jürgen Klute, nicht in Frage.

Sollte die ASG wirklich drei Prozent der Stimmen bekommen und damit nicht in den Landtag einziehen, dürfte dies zusammen mit den drei bis vier Prozent erwarteten Stimmen für andere Linksparteien, wie PDS und DKP, das Ende für Rot-Grün an Rhein und Ruhr bedeuten.


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