© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 11/05 11. März 2005

Frisch gepresst

Heidegger zu Jünger. Das "ganze Werk" Ernst Jüngers rühmte Martin Heidegger als die "einzige, echte Nachfolgerschaft, die Nietzsche bisher gefunden hat". In der intensiven, auf Jüngers "Der Arbeiter" (1932) und "Blätter und Steine" (1934) konzentrierten Auseinandersetzung des Denkers, die Peter Trawny jetzt im Rahmen der Heidegger-Gesamtausgabe aus Nachlaß-Notaten herausgegeben hat (Zu Ernst Jünger. Klostermann Verlag, Frankfurt/ Main 2004, 472 Seiten, broschiert, 42 Euro), gilt dieses Lob jedoch nur mit Einschränkungen. Denn für Heidegger, in den dreißiger Jahren auf der Suche nach dem "Seyn", ahnte Jünger - bei aller Bewunderung für ihn als "Kenner des Wirklichen" - nicht einmal, daß seine "planetarische Herrschaft der Technik" keine "neue", sondern nur die vollendete "alte" Ordnung neuzeitlicher "Seinsvergessenheit" sei. Darum bei Jünger die "vergebliche Ausschau nach Werten und das Gezappel nach 'Sinn-gebung'". Wiederholt muß er sich vorhalten lassen, ein Erkenner, kein Denker zu sein. Peter Trawny hingegen ist ein Transkriptor, kein Editor. Wie wenig er sich im ideenhistorischen "Subtext" der Jünger-Kritik Heideggers auskennt, zeigt die belustigende Anmerkung, bei dem schlecht leserlichen Namen, den Heidegger notiert, wenn er die Häme gegen Nietzsche als "Reichsfeind" und "ewigen Kurgast" erwähnt, könne es sich um den Nietzsche-Porträtisten Curt Stoeving handeln. Natürlich ist Christoph Steding (1903-1938) gemeint.

Lujo Brentano. Zu den großen Gelehrten-Autobiographien der Zeit zwischen den Weltkriegen zählt der Lebensrückblick, den der Nationalökonom und "Kathedersozialist" Lujo Brentano 1931, kurz vor seinem Tod, veröffentlichte. Der 1844 in Aschaffenburg geborene Neffe des romantischen Dichters Clemens Brentano, in der Glanzzeit des Bildungsbürgertums aufgewachsen, nahm sich schon als junger Gelehrter der "sozialen Frage" an und gehörte zu den Mitbegründern des aus marxistischer Sicht "harmonistischen" Vereins für Socialpolitik, der der SPD den Wind aus den Segeln nehmen wollte. Die Wiederauflage der Erinnerungen eines "politischen Professors", die bis in die Tage der Münchener Räterepublik reichen, haben die verdientsvollen Herausgeber Richard Bräu und Hans G. Nutzinger mit einer kundigen Einleitung versehen (Mein Leben im Kampf um die soziale Entwicklung Deutschlands. Metropolis Verlag, Marburg 2004, 518 Seiten, broschiert, 28 Euro).


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