© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 13/05 25. März 2005

Im Zweifel für das Leben
von Alexander Barti

Der US-amerikanische Präsident George W. Bush hat am vergangenen Montag ein vom Kongreß beschlossenes Gesetz unterzeichnet, mit dem das Leben der Koma-Patientin Terri Schiavo verlängert werden soll. "Unsere Gesellschaft, unsere Gesetze und unsere Gerichte sollten im Zweifel für das Leben sein", erklärte Bush nach dem legislativen Kraftakt, der erst nach stundenlangen Debatten zustande kommen konnte. Für die Liberalen ist das Gesetz und die erneut voll entbrannte Wertedebatte eine schwere Schlappe, und zwar weltweit. Denn in dem so gern verteufelten Amerika hat sich die Mehrheit der politischen Elite gegen den Zeitgeist gestemmt und das Leben eines Menschen in seiner ganzen Dimension geschützt.

"Er rettet medienwirksam ein Leben und läßt gleichzeitig durch seine Soldaten Tausende über die Klinge springen - das ist zynisch", hört man schon das Grummeln im Blätterwald. Das mag oberflächlich betrachtet stimmen, geht aber nicht in die Tiefe. Denn das eine ist der Krieg im Irak und anderswo, der aus Sicht (nicht nur) Amerikas ein gerechter ist, der Fall Schiavo hingegen berührt die elementare Frage nach dem, was ein Mensch darf. Er darf nicht aus medizinischer Erwägung morden! Weder im Mutterleib noch durch die Entfernung von Magensonden und auch nicht, wenn die Versorgung im Alter zu mühselig wird. Wer sich hier kompromißbereit zeigt - wie die gesamte Funktionselite Deutschlands -, der befindet sich auf direktem Weg zum "Paradies durch Menschenhand". Und wie es dort aussieht, hat uns das 20. Jahrhundert wahrlich gezeigt.


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