© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 13/05 25. März 2005

BRIEF AUS BRÜSSEL
Freiheitliche bei der EU abgemeldet
Andreas Mölzer

Die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) wird am 29. März den Verfasser dieser Zeilen aus ihren Reihen ausschließen und damit in Straßburg und Brüssel völlig von der Bildfläche verschwinden. Denn das Europäische Parlament war bisher die einzige Institution der EU, in der zumindest ein Freiheitlicher vertreten war. Die FPÖ wird also damit ihre Stimme auf europäischer Ebene verlieren und sich in Brüssel abmelden.

Im Gegensatz zu Österreich, wo die Freiheitlichen seit der Wende zahlreiche Posten einzunehmen versuchten und ihnen dies auch oft gelungen war, wo die blaue Regierungsmannschaft offenkundig mit aller Gewalt gegen den Willen der Basis der Partei bis zum regulären Wahltermin im Herbst 2006 durchhalten will, herrscht in Brüssel bald eine freiheitliche Totenstille.

Offenbar interessiert sich niemand in der derzeitigen blauen Führungsriege rund um Jörg Haider (das "einfache Parteimitglied" aus Kärnten) für die wirklich brennenden europäischen Themen wie die EU-Verfassung, den Europäischen Haftbefehl, die fehlende Bürgernähe oder auch den Beitritt der Türkei zur EU. Oder wissen sie vielleicht nicht, daß die Mehrheit der Gesetze in der Alpenrepublik nicht mehr im altehrwürdigen Hohen Haus an der Wiener Ringstraße, sondern in einer der Brüsseler Eurokratenburgen beschlossen wird?

Dabei wäre es aber gerade für eine euroskeptische Partei wie die FPÖ wichtig, in europapolitischen Fragen eine besondere politische Kompetenz an den Tag zu legen und konsequent für ein Europa der Völker und der Vaterländer einzutreten. Daß die Freiheitliche Partei ohne einen Vertreter in Brüssel künftig in der Europapolitik glaubwürdig ihre Inhalte und Auffassungen vertreten kann, darf bezweifelt werden.

Dabei war das national-liberale Lager denn auch jene politische Kraft in Österreich, die als erste für das europäische Friedensprojekt auf der Grundlage einer möglichst engen Zusammenarbeit der europäischen Staaten bei gleichzeitiger Wahrung ihrer Souveränität eingetreten war. Und das zu einem Zeitpunkt, als die damals Österreich beherrschenden Großparteien ÖVP und SPÖ das neutrale Österreich als eine "Insel der Seligen" betrachteten, die keine Zusammenarbeit mit anderen europäischen Ländern brauche.

Sollen künftig die österreichischen Interessen in für jeden einzelnen Bürger so wichtigen Fragen wie der Europäischen Verfassung oder der Erweiterung der Europäischen Union von Rot, Schwarz und Grün allein entschieden werden? Von Parteien also, die längst mit einem gesamteuropäischen Verbund verbandelt sind und die bisher, wenn es um die Interessen ihres Heimatlandes ging, immer "umgefallen" waren? Die Wahrscheinlichkeit, daß die EU-Parlamentarier von SPÖ und ÖVP plötzlich zu wackeren Kämpfern für die Interessen Österreichs im fernen Brüssel werden, dürfte gering sein.

Die FPÖ wird also künftig keine Möglichkeit mehr haben, in der EU Lobby-Arbeit gegen den Brüsseler Zentralismus, gegen den weiteren Verlust weiterer Souveränitätsrechte und gegen die Hereinnahme außereuropäischer Länder in die Union zu betreiben. Auch wenn es für die euroskeptische FPÖ bisher naturgemäß immer recht schwierig war, sich auf dem Brüsseler Terrain zurechtzufinden, so kommt ihr mutwilliger Rückzug aus der europäischen Zentrale einem politischen Armutszeugnis gleich.


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