© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 13/05 25. März 2005

WIRTSCHAFT
Pflegebedürftige Pflegeversicherung
Bernd-Thomas Ramb

Die gesetzliche Pflegeversicherung hat das Jahr 2004 mit einem Rekorddefizit von 820 Millionen Euro abgeschlossen. Gegenüber dem vorangegangenen Jahr 2003 stieg der Verlust um 130 Millionen Euro. Etwa fünf Prozent der Ausgaben konnten nicht durch Beiträge gedeckt werden. Die Finanzreserven der Pflegeversicherung sind damit auf 3,4 Milliarden Euro geschmolzen. Das sind 2,3 Monatsausgaben. Während Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) vorrechnet, die Pflegeversicherung könne ohne Beitragsanpassung bis 2008 aushalten, hat der Bundeskanzler für den Herbst Vorschläge für eine umfassende Reform angekündigt.

Dabei wird auch an eine Ausweitung der Pflegeleistungen gedacht, die seit der Gründung der staatlichen Pflegeversicherungen vor genau zehn Jahren eingefroren sind. Immer mehr Pflegebedürftige werden aufgrund ihrer Zuzahlungspflicht Sozialhilfefälle (oder von ihren Familien dazu gemacht). Das soll bei den kommenden Reformen geändert werden. Nimmt jedoch die Pflegeleistung zu, gerät das System noch mehr in Schieflage. Es droht das gleiche Desaster wie bei der Rentenversicherung. Der Staat wird gezwungen, die Defizite auszugleichen, weil die Beitragszahler nicht noch mehr geschröpft werden können. Der demographische Faktor beschleunigt den Zusammenbruch. Die Menschen werden immer älter, bleiben zwar länger fit, die Alterspflegebedürftigkeit nimmt jedoch quantitativ zu. Aber auch qualitativ, wie die geplante Aufnahme von Altersverwirrten in den Pflegekreis der staatlichen Versicherung beweist. Zyniker könnten da eine Selbstversorgung der Politiker vermuten, die seinerzeit die Pflegeversicherung trotz Warnung der Experten eingeführt haben.


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