© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 13/05 25. März 2005

Im Studium Glaube und Reich versöhnen
Die Dissertation Thomas Mayers untersucht das Wirken katholischer Studentenverbindungen in Zeiten des Kulturkampfes
Manfred Balkenohl

Die vorliegende Untersuchung - eine Dissertation Thomas Meyers an der historischen Fakultät der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz - stellt nicht nur eine exakte Eruierung der Quellenlage bezüglich der Periodika katholischer Korporationsverbände im 19. Jahrhundert dar, sondern darüber hinaus ein hervorragendes Kompendium der geistigen Strömungen im 19. Jahrhundert überhaupt. Der Verfasser läßt unter anderem deutlich werden, wie der Kampf einzelner katholischer Studentenkorporationen um ihre Existenzberechtigung im Rahmen des Kulturkampfes aussah, einschließlich universitäts­gerichtlicher Verbote und existenzbedrohender Polizeiaufsichten.

Angesichts der Omnipotenz des Staates ging es den katholischen Korporationsverbänden nicht um den Kampf um des Kampfes willen, denn sie wurden ja im Kulturkampf bekämpft. Vielmehr ging es immer wieder darum, heute als selbstverständlich erscheinende Existenzrechte zu sichern. Und der Kampf war nicht ohne inhaltliche Ziele. Es ging vor allem darum, "das Universitätsleben wieder so einzurichten, daß Kirche und Universität, Glaube und Wissenschaft nicht wie zwei feindliche Mächte einander gegenüberstehen". Durch wissenschaftliches Studium wirkten die katholischen Studentenkorporationen auf der Grund­lage des katholischen Glaubens gegen den wachsenden Indifferentismus und Materialismus. Die ernste Wissenschaftspflege war verbunden mit Religion und Freundschaft, wie es sehr schön das Unitaswappen darstellt: rechts Anker und Kreuz für Glaube und Religion; links oben ein Buch für das Wissenschaftsprinzip; links unten der Handschlag für das Prinzip der Freundschaft; rechts unten Zirkel und Unitasfarben. Freundschaft stand und steht natürlich im Gegensatz zur "Unsitte des Duells" schlagender Verbindungen, welches ein Zeichen des Kampfes ist und verworfen wurde.

Wie sehr die Mißstände der Zeit analysiert und schließlich korrigiert worden sind, sieht man am Beispiel der Todesstrafe. Zu dieser Frage hat es in der betreffenden Zeit zahlreiche Vorträge und Veröffent­lichungen gegeben. Überhaupt spielten Menschenwürde und Lebensrecht eine ganz besondere Rolle. Es kann auch nicht überraschen, daß zahlreiche Persönlichkeiten wie Konrad Adenauer, Heinrich Brüning und Pater Rupert Mayer aus katholischen Korporations­verbänden hervorgegangen sind.

Mayers Arbeit ist nicht nur ein historisches Nachschlagewerk von Bedeutung, sondern ebenfalls ein vorzügliches Lehrbuch. Heutige Studenten und andere Personenkreise können lernen, wie aus der Kraft des Glaubens, der Wissenschaftspflege und der Freundschaft die notwendigen Veränderungen in Kirche und Gesellschaft herbeigeführt werden können.

Thomas Mayer: Katholische Farbstudenten im Kulturkampf. Eine Untersuchung der Periodika katholischer Korporationsverbände im 19. Jahrhundert.Christiana Verlag, Basel 2005, gebunden, 364 Seiten, 101Abbildungen, 19 Euro

 

Prof. Dr. Manfred Balkenohl lehrte bis 2003 Katholische Theologie an den Universitäten Osnabrück und Vechta.


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