© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 13/05 25. März 2005

Frisch gepresst

Im Kattenwinkel. Es gibt Bücher, die es nach den Gesetzen des Marktes eben nicht gibt. Sie finden sich nicht in den Spalten der "führenden" Feuilletons, und nur mit sehr viel Glück wird auf sie in Fachzeitschriften hingewiesen. Einfach deshalb, weil es sich um Publikationen von Kleinstverlagen oder gar um Privatdrucke handelt. Mitunter ist den Verfassern sogar zu wünschen, daß ihre Werke unter Ausschluß einer breiten Veröffentlichung erscheinen. Im Falle des Gruppenporträts, das Margarete von Schnehen zusammengestellt hat (Im Strom der Zeit. Familienschicksale im Elb-Havelland, Klein Schneen 2004, 240 Seiten, Abbildungen, 48 Euro plus 5 Euro Porto, zu beziehen über die Verfasserin, Thiestr. 18, 37133 Friedland), verhält es sich anders. Ihre Kollektivbiographie beschwört, in der Form von "Erinnerungskristallen" nach Art der Collagentechnik Walter Kempowskis, die untergegangene Welt des märkischen Adels im Dreieck Stendal - Rathenow - Genthin und verdient viele Leser. Zuletzt, lange nach Fontanes Erkundungen, erfuhren wir etwas aus dieser Welt in der bei Siedler publizierten, antiquarisch inzwischen seltenen Autobiographie des in Zollchow begüterten, dort 1945 vertriebenen Martin von Kattes ("Schwarz auf Weiß", 1987), der einer der wenigen "Urfreunde" Ernst Jüngers war.

Ästhetik des Fremden. Originell ist der Ansatz zum Verständnis moderner und postmoderner Literatur und Kunst, den der Gießener Anglist Herbert Grabes in seiner Ästhetik kritisch gegen Kant und Lyotard entfaltet. Das Typische dieser Kunst sieht er in einer Ästhetik des Fremden, die sich von der klassischen Ästhetik des Schönen wie des Erhabenen radikal unterscheidet. Diese Kunst ist seit Anbeginn für die Mehrheit der Bevölkerung schwer zugänglich geworden und hat für das breite Publikum seine Fremdheit (noch?) nicht verloren. Dies hat Gründe. Fremdartigkeit erscheint als prinzipiell unaufhebbares Phänomen, mit dem umzugehen anstrengend ist - man könne geradezu von einer "Herrschaft des Fremden" in der Kunst sprechen, die über das bloß kalkuliert Schockierende hinausgeht. Grabes illustriert seine Analyse mit zahlreichen Beispielen und weist dabei auch die bewußte Strategie der Künstler nach, Fremdartigkeit zu produzieren (Einführung in die Literatur und Kunst der Moderne und Postmoderne. Francke Verlag, Tübingen 2004. 177 Seiten, kartoniert, 22,90 Euro).


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