© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 15/05 08. April 2005

"Wölfe im Schafspelz"
Dokumentation: Orientierungspunkte für SPD-Funktionäre

"Prinzipien und Orientierungspunkte für den Umgang mit dem Rechtsextremismus: Die Wölfe im Schafspelz enttarnen! Vorbemerkung: Die folgenden Prinzipien und Orientierungspunkte sollen Richtschnur für den Umgang mit dem Rechtsextremismus sein. Sie richten sich an die Mitglieder der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, insbesondere an die Funktions- und Mandatsträger.

1. Menschenrechte, Demokratie und Solidarität fördern: Aufklärung und Information über die Menschenfeindlichkeit der Rechtsextremen

Wer gegen dumpfe Parolen wirken will, muß selber Bescheid wissen: über die Ideologie und die verfassungsfeindlichen Ziele der Rechtsextremen sowie ihre Organisationen. Die demokratischen Kräfte müssen in der Lage sein, die heutigen Rechtsextremen als das darzustellen, was sie sind: Verächter der universellen Menschenrechte, Nachfolger der massenmörderischen Nazi und ohne Konzepte für die politischen Herausforderungen der Gegenwart.

2. Bekämpfen statt verschweigen

Sechzig Jahre nach Auschwitz haben wir es in Deutschland - wie auch all die Jahre und Jahrzehnte davor - mit Neonazis und Rechtsextremismus zu tun. Diese gesellschaftliche Wirklichkeit ändert sich nicht, wenn sie verschwiegen wird. Deshalb ist es um so wichtiger, eine breite gesellschaftspolitische Offensive gegen den Rechtsextremismus zu starten und Roß und Reiter beim Namen zu nennen. Der Rechtsextremismus muß mit allen zur Verfügung stehenden rechtsstaatlichen und demokratischen Mitteln bekämpft werden.

(...)

11. Strikte Trennlinie ziehen

Die Abgrenzung demokratischer Politiker/innen gegen rechtsextremes Gedankengut muß klar und eindeutig sein. Gemeinsame Auftritte mit Vertretern der NPD oder DVU auf Veranstaltungen und Podien nutzen in der politischen Auseinandersetzung nicht. Es darf auch keinerlei Beiträge oder Interviews für extrem rechte Zeitschriften geben. Dies gilt insbesondere für Blätter wie die JUNGE FREIHEIT und "Criticón", die sich damit als demokratisch legitimieren wollen.

12. Als Demokraten höhlen wir im Kampf gegen Verfassungsfeinde nicht die Grundordnung aus

Ob versucht werden soll, eine Demonstration verbieten zu lassen, muß von Fall zu Fall entschieden werden. Aufmärsche werden von den Gerichten meistens erlaubt, auch Rechtsextreme haben in der Demokratie Grundrechte. Da sind die Bürgerinnen und Bürger vor Ort gefordert, mit Kreativität und Vielfalt friedlich gegen das braune Treiben anzutreten.

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15. Gesellschaftliche Bündnisse schmieden

Zivilcourage zeigen, nicht wegsehen! Den Rechtsextremen nicht den öffentlichen Raum überlassen. Rechtsextremen Umtrieben müssen wir mit Entschiedenheit entgegentreten. Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten stehen oft an der Spitze von Bewegungen, die Gesicht zeigen. Es gilt, breite gesellschaftliche Bündnisse zu schmieden. Jeglicher Gewaltbereitschaft ist eine klare Absage zu erteilen.

17. Kein Platz für Rechtsextremismus im Wirtschafts- und Arbeitsleben

Alle Beschäftigten haben dafür Sorge zu tragen, daß rechtsextreme Propaganda und Parolen im Wirtschafts- und Arbeitsleben nicht geduldet werden. Die Führungskräfte sind im besonderen Maße als persönliche Vorbilder in der Verantwortung. Arbeitgeber und Betriebs- bzw. Personalräte müssen ermuntert werden, die zahlreich vorhandenen Möglichkeiten zur Bekämpfung von Fremdenfeindlichkeit und Rassismus praktisch zu nutzen.

18. Keine Plattform für rechtsextreme Propaganda in den Medien

Die Pressefreiheit ist ein grundgesetzlich verbrieftes Recht. Rechtsextreme gehören aber grundsätzlich nicht in Talkshows oder Gesprächsrunden in Funk und Fernsehen. In den Printmedien haben Interviews mit Rechtsextremen nichts verloren. Medien müssen über Rechtsextreme berichten. Sie sollten ihnen aber kein Forum bieten, weil diese damit aufgewertet werden. Es gilt auch hier der Leitsatz von Hanns Joachim Friedrichs: "Schreiben, was Sache ist. Senden, was Sinn macht."

19. Informationen für Medien transparent machen

Die Medien dürfen den Rechtsextremismus nicht totschweigen. Sie müssen zur Erfüllung ihres Auftrags der informativen Grundversorgung auch über Rechtsextreme informieren. Wichtig ist hier, Journalisten das nötige Rüstzeug zur Verfügung zu stellen, partnerschaftlich Wissen und Kenntnisse über Details auszutauschen. Sinnvoll ist auch, in regelmäßigen Gesprächsrunden Hintergrundinformationen anzubieten und so dem aufklärenden Journalismus zu helfen.

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21. Dauerhaftigkeit statt Strohfeuer-Aktionismus entfachen

Das Engagement zur Beseitigung des Rechtsextremismus darf nicht in Eintagsfliegen oder Strohfeuer-Aktionismus versanden. Die SPD bekennt sich dazu, dauerhaft gesellschaftliches Engagement gegen Rechtsextremismus ideell und materiell zu unterstützen. Dies schließt die finanzielle Förderung einer nachhaltig wirksamen politischen Bildungsarbeit ein.

(...)

23. Reintegration ermöglichen - zivilgesellschaftliche Alternativen aufzeigen

Das rechtsextreme Spektrum ist kein einheitliches, in sich geschlossenes Gebilde. Mitläufer sind vom harten Kern der Unbelehrbaren zu trennen. Gerade Jugendliche wissen oft nicht, worauf sie sich eingelassen haben und können zur Umkehr bewegt werden. Erforderlich ist ein differenziertes Umgehen, das nicht vorschnell stigmatisiert, dämonisiert oder verharmlost. Die einzelnen Menschen dürfen nicht verloren gegeben werden. Die Gemeinschaft muß offen sein für alle, die den rechtsextremen Organisationen den Rücken kehren. Sie wieder einzubinden in die Zivilgesellschaft ist Herausforderung und Chance zugleich, den braunen Sumpf trockenzulegen. (...)"


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