© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 15/05 08. April 2005

Kolumne
Der Traum von wirklichen Reformen
Rolf Stolz

Träumen ist nicht verboten. Nehmen wir ein mal an, Sie haben eine Villa gekauft. Pech nur, daß Sie für Ihr Geld, weil angeblich die Weltlage kompliziert und die Globalisierung im Vormarsch ist, statt des Traumhauses "zum Ausgleich" einen Schäferhund-Dressurplatz bekommen. Nur ein Horror-Alptraum? Nun, "unser" Bundeskanzler und sein nibelungentreuer Schildknappe, der unheilige Joseph, haben ihren Wählern im Prinzip ähnliche Erfahrungen beschert.

Denn Gerhard der Große und sein Paladin sind ja nicht angetreten unter den Parolen "Für fünf Millionen Arbeitslose", "Für konsequenten Kriegskurs" oder "Für mehr Diäten und mehr Massenarmut". Sie sind nicht für ihre ehrliche Infamie gewählt worden, sondern haben vor der Wahl das Volk durch Dauerbeschallung mit Verheißungen von Friedenspolitik und sozialen Wohltaten in einen geradezu komatösen Zustand versetzt. Allerdings hält der nicht ewig an. Leserbriefschreiber in Provinzzeitungen konstatieren mit Zahlen wie den 4.300 Euro monatlicher Dotierung für Ex-Landesminister (zusätzlich zu 4.750 Euro Abgeordnetengehalt), daß die Politiker "mit fetten Pensionen weiter wie die Maden im Speck" leben. Die Gesellschaft für bedrohte Völker, eine der wichtigsten Menschenrechtsorganisationen, spricht von "Schröders Geschäften mit dem Tod" und stellte fest: "Die deutsche Außenpolitik sonnt sich zu Unrecht im Glanz ihrer Friedfertigkeit. Die Regierung Schröder/Fischer betreibt immer robustere und kältere Interessenspolitik." Ausländische Finanzinvestitionen hierzulande nahmen 2004 um zwei Drittel auf 22,5 Milliarden Euro zu - die "Deutschland AG" wird zusehends zerschlagen und aufgekauft von Kapitalverwertern, Profitmachern und sogenannten "Geierfonds", um Patente, Anlagen und geistiges Kapital ins Ausland zu transferieren und einheimische Arbeitsplätze zu vernichten. Der private Reichtum weniger, die öffentlichen Schulden und die Armut der großen Masse wachsen im Gleichmaß und immer rasanter. Damit ist die vordringlichste Reform: Die jetzige Regierung muß so schnell wie möglich aus dem Amt verschwinden. Statt durch eine herummerkelnde Schein-Opposition muß sie ersetzt werden durch neue politische Kräfte. Fischer Sportstadtrat in Görlitz, Schröder und Schily Leiter der Visaabteilungen in Kiew und Chisinau, Westerwelle Diskjockey in Istanbul, Frau Merkel Marketingdirektorin der Deutschen Schlafwagengesellschaft - wohin auch immer sie sich fortmachen mögen - Hauptsache weg, Hauptsache bald.

 

Rolf Stolz ist Mitbegründer der Grünen und lebt als Publizist in Köln.


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