© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 16/05 15. April 2005

Charles und Camilla: Eine Trauung mit Hindernissen
"Alle sind gegen mich"
Frank Liebermann

Gebadet wurde er täglich von wechselnden Dienern und Dienstmädchen. Seine Mutter lehnte es ab, den Sohn anzufassen. Nur einmal, so kann sich der inzwischen erwachsene Mann erinnern, war seine Mutter mit anwesend. Sie setzte sich mit einem Stuhl vor die Badewanne, schaute zu, vermied es aber, mit dem Badewasser in Berührung zu kommen. Zu eklig, befand sie. Nur zweimal am Tag wurde er zu seiner Mutter vorgelassen, verabschieden mußte er sich mit einem Diener. Wer solche Schilderungen liest, fragt sich, um was für eine sonderbare Familie es sich handeln mag. In England weiß es jeder. Es sind die Windsors, das Königshaus.

"Laßt und die ganze Sache einfach vergessen"

Vergangenes Wochenende war es soweit. Die Hochzeit des Jahres fand statt. Prinz Charles heiratet Camilla Parker Bowles. 34 Jahre lang mußte der lebensfrohe Prinz seine außereheliche Beziehung pflegen, bis er sie endlich legitimieren durfte. Wie groß die Liebe sein muß, belegten schon früh abgehörte Telefongespräche. So schilderte Charles seiner Angebeteten, was es für ein unbändiges Vergnügen für ihn wäre, dürfte er nur Camillas Tampon sein. Der Mann, der einmal König einer ehemaligen Weltmacht sein soll, möchte ein Tampon sein. Schon alleine eine solch lustige Aussage sollte die Abschaffung der Monarchie für Generationen unmöglich machen.

Glamour, Orgien und Exzesse bei der Hochzeit? Nix da. Charles und Camilla heirateten anständig. Im Trauzimmer gab es nur 30 Sitzplätze. Queen Elizabeth II. und Prinz Philip nahmen nicht teil. Nun, kein Wunder. Konnten sie doch so auch ihr Mißfallen an dem ganzen Akt zum Ausdruck bringen. Und selbst Bild wußte, daß die Raummiete nur 427 Euro betrug. So was kann sich heutzutage selbst ein Hartz-IV-Empfänger leisten. Wie jedes bürgerliche Paar mußten Charles und Camilla aufs Standesamt. Auch der Hochadel aus Europa kam nicht, nur die zweite Riege war vertreten. Aus Mangel an Gästen - so wird gemutmaßt - lud Charles die Pensionswirte ein, bei denen er bei seinen Fuchsjagden normalerweise übernachtet. Daß er die Menschen, die ihn seit Jahren mehrfach bewirteten, lieber mag als manch Adligen, kam den Kommentatoren nicht in den Sinn. Charles wollte die Hochzeit schon absagen. "Zur Hölle damit!", habe er gerufen. "Alle sind gegen mich. Laßt uns die ganze Sache einfach vergessen." Seine Verlobte habe ihn aber beschworen, die Nerven zu behalten. Die Trauzeugen waren Prinz William und Camillas Sohn Tom Parker Bowles.

An der Segnung in der Kapelle von Windsor nahm die Queen dann aber doch teil. Und dennoch mögen sich manche fragen: Was ist das nur für eine Mutter? Aber auch der Vater Prinz Philip agierte nicht besser. Er wollte einen Verwandtenbesuch in Deutschland abstatten und mußte dann aufgrund der Verschiebung doch noch an der Trauung teilnehmen.

Charles hat schon in seiner Biographie mit seiner Familie abgerechnet. Nach eigenen Angaben hatte er eine "elende Kindheit" ohne Zuneigung der Mutter und einen Vater, der gemeinhin für einen Trinker und einen Clown gehalten wird. So verkorkste Familien finden sich normalerweise nur in nachmittäglichen Talkshows.

Charles und Camilla zeigten als einzige Charakter

Die Erlaubnis zur Hochzeit, so mutmaßen Kenner der Familie, hat Charles nur deshalb bekommen, weil die Queen nicht möchte, daß im Falle ihres Ablebens der neue König mit einer Mätresse zusammenlebt. Widerspruch erregt Charles auch dadurch, daß er eine grundlegend andere Persönlichkeit hat als seine Mutter. Elizabeth II. ist das personifizierte Neutrum, eine Hülle, die nur repräsentiert und keinerlei Persönlichkeit ausstrahlt. Ihr gesamtes Handeln ist darauf ausgerichtet, nirgendwo anzuecken oder Widerstände hervorzurufen, da ansonsten die Monarchie in Frage gestellt sein könnte.

Prinz Charles und Camilla zeigten in dem Theater als einzige Charakter. Jahrelang haben sie Spott erduldet und für ihre Beziehung gekämpft. Und selbst die Wochen vor der Hochzeit wurden als einzige "Panne" gedeutet. Als ob das Paar etwas dafür konnte, daß der Papst stirbt. Muß es nicht wahre Liebe sein, wenn zwei Menschen, die den gesamten Hohn der Welt über sich ergehen lassen, ungeachtet der gesellschaftlichen Repression zueinander finden?

Wird der Spott ein Ende nehmen, jetzt nach der Hochzeit? Wahrscheinlich nicht. Im Fernsehen waren die Souvenirs zu sehen. Während Diana auf prächtigen Tellern zu sehen ist und Elizabeth auf schönen Tassen, gab es von Prinz Charles Geschirrtücher.


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