Blick in die Medien
Hinter den Kulissen
Ronald Gläser

Eigentlich wollten wir die neue ZDF-Serie "Kanzleramt" gar nicht schauen. Schon deswegen nicht, weil diese Seifenoper vorher im Spiegel furchtbar verrissen worden ist. Das ZDF kündigte die fiktive Fortsetzungsgeschichte mit den Worten an: "Werfen Sie einen Blick hinter die Kulissen der großen Politik." Dann sind wir beim Hin- und Herschalten hängengeblieben. Und mußten feststellen: "Kanzleramt" ist noch viel schlimmer. Der von Klaus J. Behrendt verkörperte Bundeskanzler ist eine verkrachte sozialdemokratische Existenz. Politik macht er nicht nach Prinzipien, sondern nach Laune und Umfragen. Als ein Amokläufer seinen Mitschüler erschießt, macht der Kanzler spontan ein Gesetz. Nein, er sorgt nicht dafür, daß Kinder in der Schule die Zehn Gebote lernen, in denen es heißt: "Du sollst nicht töten".Er macht das, was Sozialdemokraten am besten können: Verbote aussprechen, Freiheit beschränken, Leute gängeln. Das Ganze wird medial gut inszeniert. Mit Tränen vor laufenden Kameras. Es ist also wie im richtigen Leben! "Kanzleramt" zeigt die Welt der Gutmenschen in Medien und Politik - wie sie sie gerne sehen.