© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 21/05 20. Mai 2005

Symbolische Konkurrenz
München: In der bayerischen Landeshauptstadt formiert sich der Widerstand gegen eine Großmoschee
Felix Menzel

D er Vormarsch des Islam ging lange Zeit schleichend und unbemerkt vor sich. Die Muslime blieben als religiöse Minderheit unauffällig und traten auch politisch nicht in Erscheinung. Ihre Gebetsräume waren in Hinterhöfen und Garagen versteckt. Inzwischen hat sich der Islam, vertreten durch rund 3,5 Millionen überwiegend türkische Zuwanderer und deren Nachkommen, in Deutschland fest etabliert. Und er verlangt immer nachdrücklicher eine sichtbare Repräsentation.

In mehr als 3.000 Moscheen in Deutschland ruft mittlerweile ein Vorbeter die Gläubigen zum täglichen Gebet auf. Stark zugenommen hat auch die Zahl der repräsentativen Moscheebauten, deren Kuppeln und Minarette nun neben Kirchentürmen deutsche Stadtbilder prägen. Mittlerweile sind es fast 200 solche Großmoscheen, und jedes Jahr kommen ein paar Dutzend hinzu. Immer häufiger stoßen die muslimischen Bauvorhaben aber auf erbitterten Widerstand von Anwohnern und Bürgerinitiativen.

So jetzt auch in München, wo der Streit um einen geplanten Moscheebau eskaliert. Dort könnte bald die erste Großmoschee in der Innenstadt mit Kuppel, darauf ein Halbmond, und zwei 35 Meter hohen Minaretten entstehen. Eine von zwei CSU-Stadträten aus dem Stadtteil Sendling Anfang Mai organisierte Podiumsdiskussion geriet zur lauten Protestkundgebung. "Sendling darf nicht Kreuzberg werden", so die Sorge der Anwohner vor drohender Überfremdung. Darauf schaltete sich Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) ein und wollte mit einem "Machtwort" den Streit abwürgen. Gleichzeitig erhält eine Bürgerinitiative Zulauf, die Widerstand gegen die Moschee organisiert.

Rund 80.000 Muslime leben in München, davon 43.000 türkische Staatsangehörige. Hinter dem Bauvorhaben steht der Verein Ditim, der ein Türkisch-Islamisches Zentrum in Sendling im Münchner Süden betreibt. Zunächst hatte Ditim erwogen, eine bestehende Immobilie als Moschee für 500 Betende auszubauen. Eine Genehmigung dafür lag bereits vor. Dann aber erkannte Ditim die Chance, erstmals eine Großmoschee in der Innenstadt zu errichten. Ermuntert wurden sie dabei von Bürgermeister Hep Monatzeder (Grüne), der das kommunale Planungsreferat aufforderte, eine "bewußt städtebaulich dominante Lage" zu suchen.

Eine größere Freifläche an der Kochelseestraße fiel den Planern ins Auge. Gegenwärtig wird das Grundstück als Parkplatz genutzt. Allerdings, und dies scheint politisch beabsichtigt, stünde die Moschee in symbolischer Konkurrenz zur katholischen Pfarrkirche St. Korbinian, direkt gegenüber am Gotzinger Platz gelegen. Architektonisch stäche der muslimische Kuppelbau mit zwei spitzen Minaretten als Fremdkörper heraus. Er läge mitten in einem Viertel mit Mietshäusern aus den ersten Dekaden des vergangenen Jahrhunderts.

Bei der Podiumsdiskussion vergangene Woche äußerte sich Stadtrat Andreas Lorenz (CSU): "Ich kann mir eine derartige Moschee nicht vorstellen. Weder in Sendling, noch in einem angrenzenden Stadtbezirk." Die Stimmung unter den rund 300 anwesenden Bürgern war aufgeheizt. Der Vertreter von Ditim sowie der deutsche Architekt, der die Moschee entworfen hat, stießen mit ihrer Präsentation auf wenig Zustimmung. Zwei Bürger, die bei der CSU-Diskussion ans Mikrofon traten, gaben sich als NPD-Anhänger zu erkennen und erhielten trotzdem Beifall. Schon war der Skandal da: "Wenn angebliche CSU-Biedermänner agitatorische Streichhölzer reichen, sind Neonazi-Brandstifter natürlich dankbar", polemisierte der Münchner Grünen-Chef Florian Roth. Auch Ude bezeichnete es als "bemerkenswert, daß eine Veranstaltung der CSU der NPD als Plattform dient".

Dabei hatten die CSU-Veranstalter peinlich dafür gesorgt, keine politisch rechten Töne zuzulassen. Einem Bürger, der kritische Fragen zum Islam stellte, wurde das Wort entzogen. Die CSU meidet das heiße Eisen "Islam" und verschanzt sich hinter Argumenten zur Verkehrs- und Lärmbelastung. Das von Ditim explizit als "Zentralmoschee" bezeichnete Gebetshaus an der Kochelseestraße könnte solchen Andrang auslösen, daß ein Parkplatzchaos zu erwarten sei, argumentiert die CSU.

Die Bürger mißtrauen aber auch den Versicherungen der Moscheevertreter, der Islam sei eine friedfertige Religion. Erst vor wenigen Wochen wurden bei einer Razzia gegen Extremisten auch die Räume des Islamischen Zentrums München durchsucht.

Der Verein Ditim, der den Moscheebau in Sendling betreibt, ist ein Ableger der Türkisch-Islamischen Union des Präsidiums für Religionsangelegenheiten (Ditib) mit Sitz in Köln (JF 50/04). Diese ist der verlängerte Arm des Religionsministeriums, des Diyanet in Ankara, und bezieht Geld und Weisungen vom türkischen Staat. Das Diyanet ist im Laufe der letzten zwei Jahrzehnte immer stärker unter den Einfluß der ebenso türkisch-nationalistischen wie radikalislamischen Bewegung Milli Görüs geraten. Entgegen den Behauptungen, eine laizistische Behörde zu sein, sehen Beobachter das Diyanet mit seinen über 120.000 Mitarbeitern und einem Jahrestat von etwa 230 Millionen Euro spätestens seit der Übernahme der Regierung Erdogan von islamistischen Kräften unterwandert.

"Am Grundrecht für Religionsfreiheit lasse ich nicht deuteln", hat Ude den Gegner der Ditim-Moschee zugerufen. "Man kann keine Baugenehmigung versagen, weil einem die Religion nicht gefällt." Eine jetzt gegründete Initiative will Unterschriften für ein stadtweites Bürgerbegehren sammeln. Auf einem Flugblatt beteuert sie: "Es geht hier nicht gegen Muslime oder den Islam!" Man wehre sich ausschließlich gegen die speziellen Bauvorhaben in Sendling. Im Juni wird sich Ude bei einer Bürgerversammlung dem Bürgerprotest stellen.


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