© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 21/05 20. Mai 2005

Teurer Unfug
Gesundheit: Die Feinstaubhysterie als Keule gegen den ungeliebten Dieselmotor / Partikelausstoß stark zurückgegangen
Christian Bartsch

Wer morgens das frisch gebügelte Oberhemd aus dem Schrank nimmt und im schräg einfallenden Sonnenstrahl ausschüttelt, sieht sich von einer Feinstaubwolke umgeben. Gewebefasern, Waschmittelreste und Hautpartikel lassen sich auch mit der besten Wäsche nicht völlig beseitigen. Wüßten die Hausfrauen, daß ihr Staubsauger trotz intakten Staubbeutels Wolken von Feinstaub in die Gegend bläst, würden sie nie wieder einen solchen einschalten. Auch das geöffnete Fenster gewährt Feinstaub ungehinderten Zutritt, selbst wenn kein starker Wind bläst.

Wir leben im Staub und können ihm nicht entrinnen. Jede Bewegung, vom Wind über die Felder bis zur Aktivität von Mensch und Tier wirbelt Feinstaub auf. Feinstaub ist nicht nur das Endprodukt des Zerfalls, dem alles unterliegt, sondern wird von der Natur als Pollen, Viren, Bakterien und so weiter ständig neu produziert. Hinzu kommen Stäube aus industrieller Produktion und Verbrennungsprozessen. Nur diese lassen sich durch den Menschen beeinflussen, und das geschieht mit stetig besserem Ergebnis. So ist die gemessene Luftbelastung in Deutschland seit 1990 um über 90 Prozent gesunken: "Die Luft in Deutschland war noch nie so sauber wie heute", schrieben die VDI-Nachrichten kürzlich. Der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) kann das durch eigene Messungen beweisen, die seit vielen Jahren vorgenommen werden.

"Gesunde Seeluft wird zum Problem", ergänzten aber süffisant die VDI-Nachrichten. Denn selbst die bekannten, gesundheitsfördernden Natriumchloridaerosole aus der Nordsee könnten wegen der derzeitigen Luftreinhaltepolitik fatalerweise zu einem Problem für Küstenorte und Touristik werden. Diese Aerosole werden als Partikel von den Meßgeräten ebenso mitgezählt wie feinste Nebel- und Regentröpfchen, die zum dramatischen Überschreiten der Feinstaubgrenzwerte führen.

Das Auto hat in Deutschland seinen Teil zur Reinhaltung der Luft beigetragen. So sank der Partikelausstoß der Dieselmotoren seit 1990 um rund 93 Prozent. Beträgt der Partikelgrenzwert der Euro 4 nur noch 0,025 Gramm pro Kilometer, so unterschreitet etwa der neue Dreiliter-TDI von Audi diesen Wert auch ohne Partikelfilter nochmals um 50 Prozent. Für praktisch jedes neue Auto aber, das die Werkshallen verläßt, wird ein altes verschrottet. Damit erneuert sich die deutsche Fahrzeugflotte fortlaufend. Das gilt erst recht für Autos mit Ottomotoren, die nahezu keine Partikel im Abgas enthalten.

Da das Feinstaubproblem so alt ist wie die Erde, hat die Arbeitsmedizin seit vielen Jahrzehnten Grenzwerte der Verträglichkeit festgelegt und die unterschiedlichsten Bestandteile des Feinstaubes nach ihrer Gefährlichkeit klassifiziert. Als besonders gefährlich gelten neben feinsten Fasern (wie etwa Asbest, Mineralfasern) die Quarzstäube, die bei dauerhaftem Einatmen die berüchtigte Staublunge der Bergleute, Steinbrucharbeiter und verwandter Tätigkeiten hervorrufen.

Dieselpartikel dagegen gehören der gleichen Klasse an wie etwa Blütenpollen und andere natürliche Stäube. Darüber berichtete im April der Arbeitsmediziner Joachim Bruch vom Universitätsklinikum Essen auf dem Internationalen Wiener Motorensymposium. Trotz jahrelanger Beschäftigung mit dem Feinstaubproblem vermochte er für Dieselruß keine besondere Gefährdung des menschlichen Organismus zu finden. Diese Zusammenhänge sind Fachleuten längst geläufig.

Als darum vor sechs Jahren die Feinstaubrichtlinie 1999/30/EG von der EU festgelegt wurden, hätte sie von den Experten des Umweltministeriums und des Umweltbundesamtes (UBA) als völlig unrealistisch zurückgewiesen werden müssen. Das ist nicht geschehen. Statt dessen verfiel man in Hektik, als die EU-Richtlinien nun umgesetzt werden mußten.

Diese Hektik richtet sich ausschließlich gegen den Dieselmotor, obwohl Fachleute wissen, daß die Feinstaubgrenzwerte sich durch Partikelfilter, Fahrverbote und andere Zwangsmaßnahmen nicht ändern werden. Es ist bezeichnend, daß die Grenzwertüberschreitungen oft bei Inversionswetterlagen und im Winter gemessen werden, wenn unzählige Hauskamine ihre Partikel ungefiltert in die Luft entlassen: Im Winterhalbjahr werden 20 Millionen Tonnen leichtes Heizöl verbrannt.

Alle heute diskutierten Zwangsmaßnahmen werden nur zur erhöhten finanziellen Belastung der Bürger führen. Betroffen sind vor allem Geringverdiener und Rentner, die weder in der Lage sind, sich ein neues Auto zu kaufen, noch das alte mit einem teuren Partikelfilter nachrüsten zu lassen. Dabei übersteigt der Preis eines solchen Filters oftmals den des Wagens. Zudem könnte die geplante Kennzeichnungspflicht so manchen Geschäftsmann oder Touristen aus dem Ausland von einer Reise nach Deutschland abhalten.

Der SPD gelingt es nicht, den grünen Koalitionspartner zu zügeln, der aus ideologischen Gründen wissentlich funktionierende Strukturen der Wirtschaft zerstört und wann immer möglich Sand ins Getriebe des Staates streut. Jeglicher Fortschritt, für unser Land überlebenswichtig, wird von den erzreaktionären Nachfahren der RAF-Sympathisanten unter dem Deckmäntelchen des "Umweltschutzes" blockiert, wobei manchmal sogar der propagierte Klimaschutz auf der Strecke bleibt - wie exemplarisch beim unseligen "Atomkompromiß". Jeder Unfug wie die Feinstaubhysterie ist ihnen willkommen, um die Zwangsjacke für Bürger und Wirtschaft noch enger zu schnüren.

VW-Phaeton: Sauberer Fortschritt


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