© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 21/05 20. Mai 2005

Frisch gepresst

Universität Jena. Vor zwanzig Jahren hätten diejenigen deutschen Historiker, die sich intensiv mit Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte beschäftigten, ihre Versammlungen in einer Eckkneipe abhalten können. Heute ist man fast in Versuchung, Münteferings unschönes Bild von den "Heuschrecken" aus dem Unternehmerlager auf die kaum noch überschaubaren Kohorten der Nachwuchsforscher zu übertragen, die sich auf wissenschaftshistorische Themen gestürzt haben. Fast alljährlich erscheint zudem mindestens eine Monographie zur Universitätsgeschichte, fast immer natürlich über die deutsche "Sattelzeit" zwischen 1933 und 1945. Und nahe Hochschuljubiläen in Greifswald und Berlin werden wohl nicht ohne die Produktion mehrbändiger Meterware vorbeigehen. Historiker der Friedrich-Schiller-Universität in Jena haben Ende 2003 bereits einen 1.000-seitigen Ziegelstein über die Jahre der "Kämpferischen Wissenschaft" während des Dritten Reiches vorgelegt. Dieser Band ist jetzt auf ein Format geschrumpft, das, wie die Herausgeber betonen, den Bedürfnissen der "politischen Bildung" entgegenkommen soll. Dieser auf Breitenwirkung zielende, von Uwe Hoßfeld, Jürgen John, Oliver Lemuth und Rüdiger Stutz edierte Band über "Die Jenaer Universität in der NS-Zeit" ("Im Dienst an Volk und Vaterland", Böhlau Verlag, Köln 2005, 258 Seiten, broschiert, 19,90 Euro) enthält auf 120 Seiten die Überblickdarstellung der Herausgeber, die vor allem die fächerübergreifende rassenideologische Profilierung der Jenaer Universität herausstellen. Ferner gibt es qualitativ sehr unterschiedliche Beiträge über die Theologische, die Medizinische und Rechts- und Staatswirtschaftliche Fakultät.

 

Reichskanzlei. Inmitten der Hochflut über Speer und "ihn" darf natürlich eine üppig bebilderte Präsentation des Bauwerks nicht fehlen, das den Ruhm und Nachruhm dieses inzwischen trefflich dämonisierten "Architekten des Todes" überhaupt erst begründet hat: die im Januar 1939 feierliche eingeweihte "Neue Reichskanzlei" in der Berliner Voßstraße. Auf dem Buchumschlag verspricht der Verlag sogar, nunmehr die "wahre Geschichte des Gebäudes" zu enthüllen. Doch was die beiden einschlägig bekannten Berliner Bau- und Stadthistoriker Dietmar Arnold und Reiner Janick zutage fördern, bietet selbst jenen, die ihre Geschichtskenntnisse bei Guido Knopp inhalieren, kaum Neues. Denn die Baugeschichte ist bekannt, jede architektonische Finesse dokumentiert, die politischen Hintergründe ausgeleuchtet. So können Arnold und Janick dies eigentlich - freilich sehr solide - nur noch einmal zusammenfassen und zudem wohl selbst etwas gelangweilt repetieren, wie andere den "Mythos Speer" destruiert haben. Der Verlag hat ihnen dafür nicht einmal das übliche "Laurenz-Demps-Format" gegönnt, so daß viel Interieur auf Briefmarkengröße schrumpft (Neue Reichskanzlei und "Führerbunker". Legenden und Wirklichkeit, Ch. Links Verlag, Berlin 2005, 190 Seiten, Abbildungen, 29,90 Euro).

 

Das Konklave. Das Interesse an den Regeln und Geheimnissen der Papstwahl gleicht den Eruptionen eines Vulkans. Spannend ist, ob der nächste Ausbruch nach Benedikt XVI. erneut 27 Jahren auf sich warten lassen wird. Anhand des antiquarische Fundstückes von Abbé Atto Melani, Spion Ludwigs XIV. und im achtzehnten Jahrhundert berühmter Sänger (Kastrat) werden schon einmal Einblicke in das abgeschirmte Konklave eröffnet. Trotz des zeitlichen Abstandes und der damals von weltlichen Dynastien direkt beeinflußten Kurien-politik hat das von Rita Monaldi und Francesco Sorti aufgespürte Dokument seinen Reiz nicht verloren - denn Analogien zum Schachern frühneuzeitlicher Kardinäle sind auch heute vorstellbar (Die Geheimnisse der Konklaven und die Laster der Kardinäle. Klett-Cotta, Stuttgart 2005, 95 Seiten, gebunden, 9,90 Euro).


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