© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 22/05 27. Mai 2005

Keine Experimente
von Jörg Fischer

Am Abend des 19. September, als die NPD mit 9,2 Prozent in den sächsischen Landtag gewählt wurde, erweckten die deutschen Medien den Eindruck, als stünde eine Machtübernahme der NPD unmittelbar bevor - sieben Monate später scheint der Spuk plötzlich vorbei: In NRW kann die Partei mit 0,9 Prozent nun nicht einmal Wahlkampfkostenerstattung einstreichen. Selbst wenn man berücksichtigt, daß die NPD nicht in allen Wahlkreisen antreten konnte und die schon totgesagten Republikaner mit 0,8 Prozent entscheidende Promille abzweigten, ist das eine klare Niederlage.Auch die PDS, die mit ähnlichen sozialen Versprechungen wie die NPD antrat, erlitt eine Abfuhr: Die Postkommunisten erhielten sogar 977 Stimmen weniger als die NPD. Den Protest sammelte diesmal die neue Linkspartei "Arbeit & soziale Gerechtigkeit - Die Wahlalternative" (WASG), die aus dem Stand auf 2,2 Prozent kam. Doch angesichts des medialen Wirbels, der um die - von SPD-Abtrünnigen und Hartz IV-Gegnern gegründete - WASG veranstaltet wurde, blieb sie unter den Erwartungen. Die NRW-Landtagswahl offenbarte erneut, daß - zumindest in den alten Bundesländern - die Wähler im Zweifel ihr Kreuz immer noch bei den Etablierten machen oder zu Hause bleiben. Bei der Bundestagswahl dürfte damit von den "Kleinen" allenfalls die PDS - wenn sie sich mit der WASG abspricht und mit Gregor Gysi und/oder Oskar Lafontaine antritt - Chancen auf eine Bundestagsfraktion haben. Wie die Wähler nach vier Jahren Bundeskanzlerin Angela Merkel reagieren, ist hingegen völlig offen.


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