© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 22/05 27. Mai 2005

Die Generäle haben von nichts gewußt
USA: Die Kette der Skandale in der amerikanischen Nahost-Politik reißt nicht ab - alles nur peinliche Fehler?
Andreas Wild

Allmählich wird es auffällig: Die Folter- und Demütigungsskandale in der amerikanischen Nahost-Politik reißen nicht ab, aber es sind - nach offizieller Auskunft - immer nur "Irrtümer", "Fehler untergeordneter Kräfte", "freche Zeitungsenten".

In dem amerikanischen Militärgefängnis Abu Ghraib in Bagdad passieren schlimmste Folterszenen und werden sogar noch gefilmt. Gewalt und Sex mischen sich, alles wie aus dem Hochglanz-Pornoheft: Gläubige Moslems nackt am Nasenring geführt von kessen US-Uniformgirls. "Fehlverhalten tumber Unteroffiziere".

In dem "exterritorialen", "translegalen" Gefangenenlager für islamische Kämpfer auf Guantánamo wird der Koran als Toilettenpapier ausgelegt. Die die Toilette benutzenden Gefangenen müssen nun entweder selber schmutzig bleiben, oder sie müssen ihr heiliges Buch beschmutzen und wegspülen. "Falschmeldung eines Pressemagazins"- eines Magazins nebenbei, das berühmt ist für die Gediegenheit seiner Recherchen und Nachrichtengebung.

In der britischen Krawallzeitung The Sun erscheinen Fotos des gefangenen Saddam Hussein, die nur aus amerikanischen Militärkreisen stammen können. Es sind demütigende Fotos, die den ehemaligen Staatschef in Unterhosen zeigen. "Wir haben nichts damit zu tun", tönt es auch hier sofort aus US-Regierungskreisen.

Doch wie gesagt, allmählich wird es auffällig. Haben die "Fehler" und "Enten" vielleicht doch einen Absender? Spiegelt sich hier vielleicht doch offizielle Politik? Es müssen ja nicht immer klare Befehle sein. "Beiläufige" Bemerkungen hoher Würdenträger, augenzwinkerndes Wegsehen usw. genügen vollkommen, sind politisch sogar besser.

Seinerzeit im sowjetischen GULag gab es auch keine Befehle, geschweige denn schriftliche. Man gab den Folterern nur zu verstehen, daß "physischer Druck" unter Umständen erlaubt sei. Kam dann einmal etwas heraus, konnte man oben seine Hände in Unschuld waschen. Denn so hatte man es natürlich nicht gemeint.


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