© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 23/05 03. Juni 2005

Straßenkampf gegen Rechts
von Marcus Schmidt

Hoppla, da haben einige Bürger den Kampf gegen Rechts wieder einmal allzu wörtlich genommen. Das Ergebnis: Zwei Verletzte und zwei zertrümmerte Wahlkampfstände der Republikaner und der Offensive D in Berlin. Bis zu 40 Vermummte, bewaffnet mit Baseballschlägern, Eisenstangen und Reizgas, waren an dem Überfall beteiligt, sagt die Polizei, die es nicht für nötig hielt eine Pressemitteilung zu veröffentlichen - da war ihr ein Raubüberfall, bei dem eine EC-Karte erbeutet, aber gottlob niemand verletzt wurde, schon wichtiger.

Wer nach der Tat einen öffentlichen Aufschrei des Entsetzens erwartet hat, wurde enttäuscht. Dabei handelt es sich bei diesem brutalen Überfall auf zwei Parteiveranstaltungen um einen direkten Angriff auf die Demokratie. Statt dessen ließ ein Polizeisprecher durchblicken, daß der Vorfall ihn nicht überrasche, schließlich hätten beide Parteien ja eine rechte Ausrichtung. Alarmierend ist zudem, daß es sich bei diesem bürgerkriegsähnlichen Vorgehen vermummter Schläger nicht um einen Einzelfall handelt. Erst in der vergangenen Woche wurde ein Anschlag auf das Auto der DVU-Fraktionschefin in Brandenburg verübt. Weitere Beispiele ließen sich nennen.

Wer wortwörtlich den "Kampf" gegen Rechts fordert, ja ihn zur ersten Bürgerpflicht erhebt, darf sich nicht wundern, wenn einige hierin eine Legitimierung von Gewalttaten gegen "Rechte" sehen. Das demonstrative öffentliche Schweigen nach solchen Taten nährt den Verdacht, daß die Verfechter des Kampfes gegen Rechts derlei "Kollateralschäden" zumindest billigend in Kauf nehmen.


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