© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 23/05 03. Juni 2005

Warten auf die Linkspartei
Bundestagswahlen: Der Weg zum gemeinsamen Antritt von PDS und WASG bei der Bundestagswahl gestaltet sich schwierig / Wenig Zuspruch im Westen
Josef Hämmerling

Es wird keine neue Linkspartei geben. Darum geht es auch bei den Gesprächen derzeit überhaupt nicht", erklärte der Thüringer Fraktionschef und PDS-Wahlkampfleiter Bodo Ramelow am Dienstag im Deutschlandfunk. Eine Parteineugründung setze "einen inhaltlichen Prozeß auch bei den Mitgliedern in den Parteien voraus". Angesichts von 60.000 Mitgliedern bei der PDS und lediglich 6.000 Mitgliedern bei der Wahlalternative Arbeit & soziale Gerechtigkeit (WASG) könne "man nicht einfach sagen, innerhalb von vier Wochen machen wir eine neue Partei", meinte Ramelow.

"Wir arbeiten an dem Ziel, fünf Prozent aus eigener Kraft und fünf Direktwahlmandate." Dazu brauche man Ex-PDS-Chef Gregor Gysi als Kandidaten. "Wenn ein Oskar Lafontaine dazukommt und mit seiner Kompetenz ein eigenes Profil auch noch abrundet und bereichert, soll das mir herzlich willkommen sein." Ob und wie WASG-Kandidaten auf einer offenen PDS-Liste antreten, werde erst noch geklärt. Er habe aber auf dem Parteitag letzten Samstag die PDS-Landesvorsitzenden ermahnt, in jedem Landesverband einen Platz freizuhalten.

An den Politprofis der PDS dürfte der Einzug in den Bundestag daher nicht scheitern - die Chancen für ein wie immer gestricktes Linksbündnis PDS/WASG in den alten Bundesländern müssen hingegen deutlich skeptischer beurteilt werden als in Mitteldeutschland. Denn selbst die eher links angesiedelten nordrhein-westfälischen Medien finden angesichts des mit 2,2 Prozent recht schwachen Abschneidens der WASG bei der Landtagswahl recht harte Worte: "Sie hat keine wirklichen Köpfe, keine von allen anerkannten Leitfiguren. Das Buhlen um Oskar Lafontaine ist zwar im derzeitigen Landtagswahlkampf gut verständlich. Aber es wirkt schon manchmal lächerlich", kommentierte hämisch der WDR.

Erst Flügelkämpfe zwischen Gewerkschaftern und linken Sektierern, nun die Diskussion um die Art des Zusammengehens mit der PDS - das läßt nichts Gutes für die erst wenige Monate alte Partei erwarten. Gegen Hartz IV und für eine "gerechtere Gesundheitspolitik", das könnte Proteststimmem bringen. Doch nach den Landtagswahlen wurde die WASG von den NRW-Medien mehr oder weniger totgeschwiegen. Allgemeiner Konsens war, daß diese Partei eine Totgeburt ist - was sich aber nach dem SPD-Austritt von Oskar Lafontaine aus der SPD etwas änderte. Dadurch bekam die WASG wieder Auftrieb - allerdings mehr in den eigenen Reihen als in der Regionalpresse.

So forderte dann am 26. Mai der Landesrat der WASG, das höchste Gremium zwischen den Parteitagen, vom Bundesvorstand, "unverzüglich Verhandlungen mit gesellschaftlichen und sozialen Bewegungen, Gruppen und Initiativen unter Einbeziehung der PDS sowie namhaften einzelnen Personen aufzunehmen. Ziel und Zweck dieser Verhandlungen: Eine gemeinsame Wahlplattform, links von der SPD, zu schmieden, um zur Bundestagswahl anzutreten". Und "links von der SPD" wird besonders von der nordrhein-westfälischen WASG sehr weit gefaßt. So sind bundesweit, und besonders an Rhein und Ruhr, in den vergangenen Monaten mehrere hundert Anhänger der trotzkistischen Sozialisten Alternative Voran (SAV) in die WASG eingetreten. Viele der Gründer der ursprünglich als Protestorganisation gegen Hartz IV gegründeten Partei sehen dies zwar mit Unbehagen, zumal das Programm der SAV dem der WASG in vielen Punkten widerspricht, können sich aber nicht gegen die SAV-Leute durchsetzen.

Unverhohlenes Buhlen der extremen Linken

In welche Richtung das Linksbündnis steuern könnte, zeigt auch das unverhohlene Buhlen der extremen Linken Deutschlands. So kündigte der Vorsitzende der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD), Stefan Engel, in einem Brief an die Spitzen der WASG, PDS und Oskar Lafontaine an, auf eine Kandidatur der MLPD bei den Bundestagswahlen verzichten zu wollen, "wenn es tatsächlich gelänge, ein linkes Wahlbündnis aller relevanten Parteien linken Parteien mit Ihnen an der Spitze zustande zu bringen".

Die PDS-Führung in Berlin scheint die derzeitige Situation dahingehend ausnutzen zu wollen, sich im Westen der Republik mit der WASG ein Standbein aufzubauen und von der offen linksextremen Ausrichtung der West-PDS abzulenken zu können. Denn die breite Akzeptanz der postkommunistischen SED-Nachfolgepartei ist in den alten Bundesländern noch immer nicht gegeben, wie das NRW-Landtagswahlergebnis von 0,9 Prozent zeigt.

Wie sehr die PDS an Rhein und Ruhr dem linksextremen Lager zuzuordnen ist, zeigt eine Antwort der damaligen rot-grünen Landesregierung Ende 2003 auf eine Große Anfrage der CDU-Landtagsfraktion. Danach pflege die NRW-PDS "vor allem Kontakte" zur Deutschen Kommunistischen Partei (DKP), linksextremistisch beeinflußten Organisationen wie der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten (VVN-BDA), Gruppen und Personen der autonomen Szene sowie der Sozialistischen Alternative Voran (SAV).

Sollte die gemeinsame Kandidatur mit der Bundes-PDS nicht klappen, scheitert die WASG wohl nicht nur am Stimmenmangel: Der Gründungsparteitag und der Landtagswahlkampf in Nordrhein-Westfalen haben einen Großteil der Geldreserven der WASG-Gesamtpartei geschluckt. "Das, was wir hatten, haben wir in den Landtagswahlkampf gesteckt", verriet WASG-Landesvorstandsmitglied Christel Rajda dem WDR. Zwar erhält die WASG aufgrund ihres Wahlergebnisses eine Wahlkampfkostenerstattung von deutlich mehr als 200.000 Euro - allerdings wird dieses Geld erst im Mai 2006 und damit zu spät für den Bundestagswahlkampf überwiesen.

So steckt die WASG in einem Dilemma: Mit der PDS zusammen winken Geld und Bundestagsmandate - aber das Kainsmal "PDS" verschreckt immer noch viele Westdeutsche. Ob Lafontaine dies wettmachen kann, bleibt abzuwarten.

 

Foto: Gregor Gysi, Oskar Lafontaine: Obwohl sich die beiden Ex-Parteivorsitzenden gut verstehen, ist eine gemeinsame Kandidatur noch nicht sicher


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