© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 23/05 03. Juni 2005

Leserbriefe

Zu: "Auf zum letzten Gefecht" von Paul Rosen, JF 22/05

Prinzipienlose Politik

Die Debatte um die Aufgabe Schröders - nichts anderes war die Ankündigung von vorgezogenen Neuwahlen - wirft ein deutliches Licht auf die Fähigkeiten der rot-grünen Bundesregierung, die mediale Agenda zu bestimmen. Die meisten Medienvertreter und Kommentatoren ließen sich, immer noch dem Charme der Idee von Rot-Grün erlegen, wieder einmal einwickeln. Schröder war und ist der Meister des "Spin", also des Verdrehens von schlechten Nachrichten, bis sie gut klingen. Aber welche Genialität sollte denn in diesem letzten Coup Schröders stecken?

Es gibt selbst kühl analysiert keine Chance für Schröder und Müntefering, das Geschick der SPD noch einmal zu wenden. Seit 1998 folgt die Regierung Schröder dem euphemistisch Pragmatismus genannten Opportunismus des Kanzlers. Es war schon damals klar, daß SPD und Grüne konzeptionslos agierten. Der billige Kompromiß und das Nachbessern bestimmten die politische Agenda. Diese prinzipienlose Politik, die nur durch die wohlwollende Begleitung des Medienbetriebes in Deutschland sowie die Skandale und Probleme von Union und FDP so lange durchhalten konnte, mußte, gemessen an den Fakten, viele Wähler der SPD vergrätzen. 

Daniel J. Hahn, Eichenau

 

Schweigen und zahlen

Ungeschoren ohne weitere Blessuren kommt Kanzler Schröder nicht davon. Er muß vorher unbedingt einen finanziellen Canossa-Gang hinter sich bringen, und zwar durch die längst überfällige Ausrufung des Staatskonkurses der öffentlichen Hand - in seinem Fall des Bundeshaushalts. Finanzminister Eichel benötigt zur Zeit 38,7 Milliarden Euro zum Ausgleich des Bundeshaushalts. Hinzu kommt der Milliarden-Schuldenberg aus den Vorjahren. Eine Rücksichtnahme auf die EU ist hierbei absolut zu vernachlässigen, da gerade sie die Bundesrepublik durch vorzeitige und unberechtigte Zusagen geschädigt hat, indem sie finanziell schwachen Ländern wie zum Beispiel Rumänien und Bulgarien die EU-Aufnahme in Aussicht stellte. Schröder und Fischer schweigen und zahlen - zu unseren Lasten aus dem Bundeshaushalt.

Wolfram Braun, Spechbach

 

 

Zu: "Alles kann, nichts muß" von Christian Vollradt, JF 21/05

Spaltung überwinden

Die christlichen Kirchen stecken in einer tiefen Krise, und das nicht erst seit gestern. Bereits seit Jahrzehnten wird sowohl in der evangelischen als auch in der katholischen Kirche von einem Neubeginn gesprochen, der jedoch bis heute ausgeblieben ist, so daß die Kirchenaustritte unvermindert anhalten und die Unzufriedenheit der Gläubigen unverkennbar ist.

Worauf es in der Tat ankommt, hat der brasilianische Erzbischof Dom Helder Camara treffend formuliert: "Wir haben die Verantwortung, Brüder unserer Brüder zu sein, ohne uns zu fragen, ob es sich um Katholiken, um Protestanten oder um Andersgläubige handelt. Es muß uns genügen, zu wissen, daß jedes menschliche Geschöpf Bruder oder Schwester ist, Kind des gleichen Vaters." Diese Interpretation des Brasilianers müßte eigentlich jeden von uns Christen oder die wir vorgeben, solche sein zu wollen, wachrütteln und dazu bewegen, die Engstirnigkeit und unser auf Religion und Konfession bezügliches Denken, Reden und Tun gründlich zu überdenken und die bislang beschrittenen Irrwege zu verlassen.

Franz Wellschmidt, Waldbrunn

 

 

Zu: "Die Republik dankt ab" von Alexander Griesbach, JF 21/05

Kollektiver Zwang

Das Abstimmungsverhalten der Abgeordneten des Bundestages bei Europafragen ist schlicht verfassungswidrig. Bei der Aufgabe der Abgeordneten, der parlamentarischen Kontrollfunktion, kann man nur feststellen: Totalausfall!

Im Zusammenhang mit dem europäischen Haftbefehl hat das Bundesverfassungsgericht eine Delegation mit Abgeordneten aus fast allen Parteien nach Karlsruhe zitiert und sie dort wegen ihres höchst kritikwürdigen Abstimmungsverhaltens gehörig zusammengefaltet. Denn es stellte sich heraus, daß die Abgeordneten in Europa-Fragen ihrer Kontrollfunktion nicht mehr nachkommen. Der Grünen-Abgeordnete Ströbele gab in Karlsruhe zu Protokoll: "Man fühle sich normativ unfrei". Es heiße: "Brüssel hat gesagt - und das ist bindend. Die Bundesregierung hat gesagt - und das ist bindend". Da habe der Bundestag "keine Wahl"! Er handelt also unter einem kollektiven Zwang. Ein solches Europa ist dem Bürger unheimlich, und deshalb denken immer mehr EU-Bürger: Steckt euch dieses Europa an den Hut! 

Reinhard Wick, Bielefeld

 

 

Zu: "Signale gegen das Unrecht" von Johannes Schmidt, JF 21/05

Bayerische Signale

Diese Signale kommen leider nur aus Bayern und von Stoiber, der darob in unerträglicher Weise in Prag in Gegenwart tschechischer Politiker, die gerade Benes preisen, vom Kanzler abgewatscht wird. Nicht nur Schröder ist schlimm. Ich frage mich, ob es in Deutschland nicht auch eine CDU, Frau Merkel und CDU-Ministerpräsidenten gibt, die sich als Deutsche doch vorbehaltlos an Stoibers und der Sudentendeutschen Seite stellen müßten, aber nur durch Schweigen auffallen, wenn sie sich nicht gar unsichtbar gemacht haben. 

Hans Engel, Berlin

 

 

Zu: "Lehrbefugnis bedroht" von Marcus Schmidt, JF 21/05

"Sozialist" geblieben

Die APO-Opas des Berliner Otto-Suhr-Institutes müßten doch wissen, daß Rabehl (einer der wenigen nicht stupiden Nachbeter des stupend intelligenten, leider soziopathischen Dutschke!) "Sozialist" geblieben ist, nur eben wie andere Rückversicherer jetzt ein "National" davor setzt. So weit, so gut, wurde auch Zeit! Rabehl ist "Opfer" der "demokratischen" Methoden geworden, die er früher selbst gegenüber Andersdenkenden praktiziert hat: So what?

Prof. Dr. Klaus Weinschenk, Berlin

 

 

Zu: "Aufstand gegen die Eliten" von Alain de Benoist, JF 21/05

Katholiken gegen Verfassung

In seinem Artikel teilt Alain de Benoist die Gegner der EU-Verfassung in zwei Kategorien ein: die Souveränisten und diejenigen, die den liberalen Gehalt der Verfassung ablehnen. Dabei hat er meiner Meinung nach aber vergessen, die Katholiken zu erwähnen - insbesondere die traditionellen Katholiken. Diese fürchten, daß dieses Europa sein christliches Erbe und somit letztlich unsere Identität auflöst. Die Verweigerung der Festschreibung der christlichen Wurzeln in der EU-Verfassung - die auch den EU-Beitritt der Türkei erleichtert - hat sie tief beeindruckt. 

Henri Peter, Paris

 

 

Zu: "System Antifaschismus" von Bernd Rabehl, JF 21/05

Verspätete Widerstandskämpfer

60 Jahre nach dem Kriegsende toben sich die verspäteten Widerstandskämpfer, die - früher geboren - vermutlich am lautesten Heil geschrieen hätten, in wahrhaft unerträglicher und hysterischer Weise aus.

Jede Meinung, die sich nicht mit den ihren deckt, gehört verboten, der falsch Meinende am besten gleich hinter Gitter. Wer der eigenen Toten gedenkt oder es wagt, Unrecht der Sieger zu benennen, ist ein Rechtsextremer, andere Rechte gibt es gar nicht, alle sind extrem, radikal, braun und faschistisch. Irgendwie erinnert das an Inquisition und Hexenverbrennung. Daß die CDU dabei mitmacht, macht sie für mich nicht mehr wählbar, auch wenn ich die Ablösung von Rot-Grün sehr begrüßen würde. 

Gabriel Ewert, Essen

 

Union der Totalitaristen

Wenn man sich die politischen Parteien auf einem Kreis angeordnet vorstellt, so treffen sich die extremen Linken und Rechten, indem sie in ihrer Selbstverblendung und Selbstgerechtigkeit scheinbar immer weiter voneinander wegrücken, als Links- und Rechtsfaschisten Rücken an Rücken vereint in Intoleranz, Inhumanität, Menschenverachtung und Gewaltbereitschaft und bilden so eine Union der Totalitaristen. 

Rudolf Schaefers, Köln

 

 

Zu: "Pankraz, glückliche Römer und die Reden in der U-Bahn", JF 21/05

Verheerende Auswirkungen

Sind sich die Protagonisten eines nicht enden wollenden Dacapo von gebetsmühlenhaft sich wiederholenden Schuldzuweisungen der tiefenpsychologischen Zwangsläufigkeiten eines solchen "Perpetuum vocabile" und der resultierenden verheerenden Auswirkungen eines solchen Tuns eigentlich bewußt?

Dr. med. L. Schilgen, Münster

 

 

Zu: "Überirdischer Beschützer" von Werner Olles, JF 21/05

Mangel an Heroismus

Die geringe Bedeutung, die Michael bei den heutigen Menschen hat, ist bezeichnend für ein typisches Merkmal unseres Eisernen Zeitalters, nämlich den Mangel an Heroismus. Diese Unmännlichkeit zeigt sich schon im Buch Hiob, wo der Hauptfigur erklärt wird, daß es ihr unmöglich ist, den Leviathan zu besiegen. Man stelle sich solche Belehrungen gegenüber einem Sigurd, Herakles oder Rama vor! Die Ritter haben nicht Hiob, sondern die Drachenbezwinger Michael und Georg verehrt. Jeanne d'Arc, die mit Michael in Verbindung stand, verkörperte im ausklingenden Mittelalter noch einmal den Typ des ritterlichen Helden, bevor er verdrängt wurde vom treulosen Machtmenschen der Renaissance, für den Karl VII. stand.

Zurück zum Thema des Drachenkampfes: Das vom Beowulf bezwungene Ungeheuer heißt Grendl, also der zum Grund gehörende. Der Drache ist daher die Bindung an Erde, Materie, Triebhaftigkeit, Chaos und Masse. Dazu paßt es, daß Beowulf in der Verfilmung Sohn einer Menschenfrau und eines Dämons ist. Zum Dämon zu werden, kann Beowulf nur verhindern, indem er lebenslang gegen Monster kämpft. Das bedeutet, daß jeder Mensch sowohl seine äußeren Feinde als auch den Feind in sich selbst bekämpfen muß.

Richard Stockmann, Dresden

 

 

Zu: "Ermächtigung für Brüssel" von Wilhelm Hankel, JF 20/05

Groteske Züge

Speziell in Deutschland stoßen Übertragung von Hoheitsrechten an eine fremde Macht sowie Rückgängigmachung sozialer Errungenschaften auf Mißtrauen bzw. Ablehnung. Die politische Durchsetzung dieses Kurses hat mittlerweile groteske Züge angenommen: Obwohl das Grundgesetz die Beteiligung des Volkes an Entscheidungsprozessen durch "Wahlen und Abstimmungen" (Art. 20 GG) vorsieht, wird ihm die Ausübung der Staatsgewalt mittels Referendum verwehrt.

Mit beispielloser Arroganz schreibt die politische Klasse dem Volk vor, was Demokratie zu sein hat. So werden in Deutschland seit jeher Verfassungen nicht vom Volk direkt durch Abstimmung genehmigt, sondern von oben herab "erlassen" (Hankel), was nun auch bei der EU-Verfassung praktiziert werden soll. Die Uminterpretierung grundgesetzlich garantierter Rechte durch die politische Klasse hat dazu geführt, daß der Satz "Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus" (Art. 20 GG) zu einer leeren Worthülse verkommen ist. Das Bewußtwerden der Ohnmacht erzeugt im Volk Verweigerung und führt zu Resignation, eine Situation, die den Nährboden für Extremismus vorbereitet. Die Verantwortung für diese Entwicklung tragen allein die Parteien dieser Republik.

Arno P. Müller, Bad Rodach

 

Ursache der Kalamität

Zu Recht weist Professor Hankel darauf hin, daß die EU die wesentliche Voraussetzung der Gewaltenteilung vermissen läßt. Außer diesem Manko hat man jedoch Deutschland vor allem wirtschaftlich unfair behandelt, indem man bei der Umstellung von D-Mark zu Euro die D-Mark viel zu hoch bewertete, was zu einen strukturellen Defizit von vielen Milliarden führte. Mit dem Übergang auf den Euro zeigte sich, daß seit 1993 die zuvor wachstumsstarke deutsche Wirtschaft mit der weltweit geschätzten D-Mark alljährlich so schwach wurde, daß sie dadurch in die Schuldenfalle geriet! Hier liegen die Ursachen unserer gegenwärtigen finanziellen Kalamität!

Dr. Hans Doerner, Bad Kissingen

 

Schlagwort "Demokratie"

Geschichte wiederholt sich. Die Zustimmung zur EU-Verfassung erinnert an die zu dem Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933. Nur diesmal war die Zustimmung nicht von der Not als Auswirkung von Versailles diktiert. Sich demokratisch nennende Parteien haben es mit viel Werbeaufwand und weitgehend "gleichgeschalteten" Medien, die keine Gegenstimmen aufkommen ließen, zustande gebracht, sich und ihren willfährigen Helfershelfern die Macht zu sichern. Mit dem Schlagwort "Demokratie" werden viele Völker "beglückt". In Wirklichkeit geht es um politische und wirtschaftliche Macht.

Dieses Vorgehen unterscheidet sich nicht von früheren, deren Akteure mit dem Mäntelchen der Verkündigung des Seelenheils sich die Welt untertan machten; die meisten Konflikte von heute gehen auf deren kulturellen und materiellen Zerstörungen zurück. Das Wort Demokratie ist zur Verpackung ohne Inhalt verkommen. Man sollte es zum "Unwort des Jahres" erklären.

Udo Knau, Per E-Post

 

 

Zu: "Bündnis zwischen Politik und Mob" von Thorsten Hinz, JF 20/05

Essen gegen Rechts

"Kein Sex mit Nazis" und ähnliche Absonderungen sind noch harmlos im Vergleich zu dem, was anläßlich des "Verdener Aktionstages gegen Rechtsextremismus" am 2. April diesen Jahres geboten wurde: Ausweislich des Programms kochte man in der "Volksküche" vegetarisches Essen (gegen Rechts), ein örtlicher Karateverein wollte mit "Kindern und Jugendlichen geschlossen durch die Stadt gehen und Position bekennen". Weiter: "Nazis raus - Narzissen rein! Verden blüht auf gegen Rechtsextremismus" - und ähnlicher Stuß mehr.

Fritz Werner M. A., Verden-Borstel

 

Waage der Gerechtigkeit

Der Beitrag hat bezüglich der Rede des Bundespräsidenten einige wesentliche Gesichtspunkte außer acht gelassen. "Ausgewogen", das heißt doch, daß die Waage der Gerechtigkeit ins Gleichgewicht gebracht wird. Die Formulierung, Dank zu sagen an die Völker, die Deutschland besiegt haben, führt doch zu dem Schluß, daß die Soldaten der deutschen Wehrmacht auf der anderen Seite der Front keinen Dank verdienen. Sie fanden in der Rede keinerlei Erwähnung.

Ohne zu wissen, daß sie für eine falsche Ideologie gekämpft haben, haben sie ihr Leben für ihr Vaterland eingesetzt, nicht für einen Verbrecher Hitler. Sie haben gegen einen Verbrecher Stalin gekämpft, sie wurden vielerorts als Befreier begrüßt, wie ich es selbst erlebt habe und bezeugen kann. Sie haben gehandelt, wie das Gesetz es befahl. Dafür haben sie Dank und Anerkennung verdient.

Dr. Gustav Krüger, Herrenberg

 

 

Zu: "Noch immer ausgegrenzt und verfolgt" von Klaus Peter Krause, JF 20/05

Tiefere Ursachen

"Die bundesdeutsche Weigerung zur Wiedergutmachung für die SBZ-Opfer resultiert gemäß Klaus Peter Krause unter Bezugnahme auf Niedersachsens Ministerpräsidenten Christian Wulff, den Rechtsprofessor Schmidt-Jortzig sowie den Journalisten Karl Feldmeyer aus dem politischen Mehrheitsverhältnissen sowie einem Rechtsgutachten von Politikern.

Die wahren Ursachen dürften sehr viel tiefer liegen, so zum Beispiel in einer Rücksichtnahme auf befreundete Staaten, die dann ebenfalls um ihr Raubgut fürchten müßten. Und selbst solche Rücksichtnahme hat wiederum tiefere Ursachen. Jeder kennt sie.

Dr. Wilfried Anders, Manebach

 

 

Zu: "Der Stadt und dem Land" von Doris Neujahr, JF 19/05

Zubetonierte Geschichte

Die Hauptstadt der Bundesrepublik hat nun ihr auf der ganzen Welt einmaliges Wahrzeichen. Die zentrale Lage, das beeindruckende Ausmaß und die dauerhafte Ausführung machen das Holocaustmal zum wichtigsten und bleibenden Kennzeichen. Von nun an wird jeder Berlin-Besucher, ob Schulkind oder Staatsoberhaupt, dies vor allen anderen Sehenswürdigkeiten aufsuchen und so an das schlimmste Verbrechen erinnert werden, das im Namen des deutschen Volkes begangen wurde. Es ist wichtiger und exemplarischer als alles andere, als die Museen, das Brandenburger Tor, die Neue Wache oder schon gar die Siegessäule. Unter den 2.711 Stelen ist die ganze preußisch-deutsche Geschichte dauerhaft zubetoniert. Man wird sich schaudernd von der einmaligen Fehlleistung dieser ehemaligen Nation abwenden und hoffnungsfroh der EU und Uno entgegensehen.

Artur von Casimir, München


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