© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 24/05 10. Juni 2005

Wahlkampf
Reibungsloser Machtwechsel
Dieter Stein

Noch ist nicht endgültig ausgemacht, ob Kanzler Schröder seinen Neuwahlencoup juristisch und politisch durchsetzen kann, ob er auch derjenige sein wird, der sich vor den kommenden Bundestagswahlen mit Angela Merkel messen muß. Sicher ist eines: Das rot-grüne Projekt befindet sich in Auflösung. Die Kräfte sind ermattet, es gibt keine Wohltaten mehr zu verschenken, die Kassen sind vollständig geplündert.

Aber: Rot-Grün kann sich auch guten Gewissens von der politischen Bühne verabschieden. Es weiß, daß ihm politische Kräfte folgen werden, die keine einzige der wesentlichen gesellschaftspolitischen Kursänderungen revidieren werden, die Schröder und Fischer vollzogen haben und die die Deutschen in eine andere Republik führen sollen: ob das aufgeweichte Staatsbürgerrecht, das Zuwanderungsgesetz, die "Green-Card", die Zulassung der "Homo-Ehe", den absurden "Kampf gegen Rechts", die Zustimmung zum EU-Beitritt der Türkei, die weitere geschichtspolitische Wende, wie sie in den Kasernenumbennennungen (Mölders) deutlich wurde.

Eine Regierung Merkel stellt Rot-Grün gesellschaftspolitisch keinen anderen Entwurf entgegen - deshalb bricht auch keine Hysterie in den linken Feuilletons aus. Man weiß: Merkel wird sich nun darauf konzentrieren müssen, den finanziellen Bankrott Deutschlands abzuwenden und die Explosion des Sozialsystems zu verhindern. Auch hier wird es keine "Blut-Schweiß-und-Tränen-Rede" geben, die Änderungen werden in bester bundesrepublikanischer Konsens-Manier in homöopathischen Dosen betrieben. Ruhe ist immer noch die erste Bürgerpflicht.

Dabei böte alleine die Familienpolitik ein klassisches Feld, auf dem eine christdemokratische, einst erklärt konservative Partei den Gesellschaftsveränderern Paroli bieten könnte: Deutschlands und Europas Niedergang ist unlösbar mit dem demographischen Tod auf Raten verbunden. Der rot-grünen Phrase "nachhaltiger Politik", die in Wahrheit die letzten Reserven verfrühstückte, müßte eine aktive Familien- und Bevölkerungspolitik entgegengesetzt werden, die den Selbstverwirklichung und Bindungslosigkeit vergötternden Zeitgeist, diese Form des wertevernichtenden Liberalismus zum Feind erklärt. Und dies auf der Grundlage eines festen christlichen Werteverständnisses - nur löst sich das bei der Union zusehends in Luft auf. Dort haben schon seit Jahren die Positionen eines Wischiwaschi-Christentums à la "Pfarrer" Jürgen Fliege Platz gegriffen. Unwidersprochen läßt Merkel verbreiten, sie werde von der fanatischen Abtreibungsbefürworterin Alice Schwarzer beraten. Die Tötung von jährlich geschätzten 300.000 ungeborenen Kindern aufgrund des reformierten § 218 ist so ebenfalls kein Thema mehr.

Während Papst Benedikt XVI. dieser Tage erneut öffentlich "Ehe ohne Trauschein", "Ehe auf Probe" bis hin zur "Pseudo-Ehe zwischen Menschen des gleichen Geschlechts" scharf verurteilt hat, sind CDU und CSU zu feige, allein dieses eine absurde rot-grüne Projekt der "Homo-Ehe" abzuwickeln!

Insofern ist es konsequent, daß der Kölner Kardinal Joachim Meisner am vergangenen Samstag seine alte Forderung erneuert hat, CDU und CSU sollten das "C" aus ihrem Namen streichen, weil sie es nicht einlösen könnten.


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