© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 24/05 10. Juni 2005

Schon beim Namen gibt es Streit
Linkspartei: Kaum Fortschritte bei Verhandlungen zwischen PDS und WASG / Lafontaine und Gysi drängen zur Einigung
Peter Freitag

Die beiden linken Parteien PDS und Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG) wollen schnellstmöglich klären, ob sie bei einer vorgezogenen Bundestagswahl gemeinsam antreten werden. Dabei scheint momentan die Frage, wie das Produkt einer solchen Fusion heißen soll, den Schwerpunkt in dieser Auseinandersetzung zu bilden. Wird man sich darin nicht einig, so droht das gesamte Vorhaben bereits zu scheitern, bevor es zur Klärung über programmatische Aussagen gekommen ist.

Der Vorstand der WASG hat das Angebot der PDS verworfen, daß einzelne Mitglieder der neuen Linkspartei auf "offenen Listen" der PDS kandidieren könnten. Andererseits verbietet es das Wahlgesetz, mit einer Listenverbindung beider Parteien zur Bundestagswahl anzutreten. Während die PDS, so ihr Wahlkampfleiter Bodo Ramelow, zu einer "Ergänzung im Parteinamen", nicht jedoch zu einer "Umbenennung", bereit ist, besteht der Vorstand der WASG darauf, daß die PDS nicht namentlich genannt wird. "Sonst wird es keine gemeinsamen Kandidaten auf einer Liste geben", sagte WASG-Vorstandsmitglied Axel Troost der Welt. Seine Partei befürchte andernfalls, "einen PDS-Makel angeheftet" zu bekommen, und sie wolle sich auch nicht "schlucken lassen", so Troost weiter. Ramelow, der an den Verhandlungen beteiligt ist, möchte dagegen, daß die PDS im Wahlkampf namentlich erkennbar bleibt.

Die beiden prominentesten Befürworter des Bündnisses links der SPD, deren ehemaliger Parteivorsitzender und Ex-Mitglied Oskar Lafontaine sowie Gregor Gysi (PDS), drängen auf eine zügige Einigung. Lafontaine nannte das Zusammengehen eine "historische Notwendigkeit", Gysi sprach von einer "Chance", die "man nicht ungenutzt lassen" dürfe.

Die Uneinigkeit zwischen den beiden Linksparteien über die passende Namensgebung scheint jedoch nur Symptom zu sein, das auf tiefer sitzende Konflikte hindeutet. Die PDS hat mit ihren 60.000 meist älteren Mitgliedern im Osten der Republik den Status einer Volkspartei, während die WASG eine Sammelbecken alt-bundesrepublikanischer Linker ist. Diese von der SPD Enttäuschten - größtenteils Gewerkschafter - sind zusammen gerade einmal ein Zehntel der PDS-Mitgliedschaft. Sie könnten nicht zu Unrecht befürchten, von der größeren und finanzstärkeren Ost-Partei aufgesogen und nur als Wurmfortsatz zur bisher gescheiterten Westerweiterung der früheren DDR-Staatspartei mißbraucht zu werden.

Den Funktionären der PDS dagegen dürfte die geringe sozialistische Profilierung der WASG mißfallen, die als reine Protestbewegung gegen Hartz IV wahrgenommen wird und die mit ihrer Basisdemokratie den Anforderungen der alten Kaderpartei widerspricht. Angesichts der geringeren zahlenmäßigen Bedeutung möchte man den Neulingen kaum auf "gleicher Augenhöhe" begegnen. Außerdem geht die Sorge um, man könnte das Profil, Anwalt der spezifischen Interessen der "Ostdeutschen" zu sein, einbüßen. Daher auch der Hinweis der stellvertretenden PDS-Vorsitzenden Dagmar Enkelmann auf den "Markennamen": Wo PDS drin sei, müsse auch PDS draufstehen. Diese "Marke" gilt im Westen jedoch selbst unter Linken eher als Makel.

Widerstand innerhalb der WASG gegen die mögliche Fusion regte sich beispielsweise schon in Nordrhein-Westfalen. Während die Landesverbände von PDS und WASG sich eindeutig für ein gemeinsames Linksbündnis ausgesprochen hatten, kam von der Basis der Wahlalternative Widerspruch: Nach Angaben der linken Tageszeitung taz und des Westdeutschen Rundfunks sollen die drei WASG-Kreisverbände Bonn, Mönchengladbach und Neuss eine Resolution gegen das Zusammengehen mit der PDS verabschiedet haben. Der nordhein-westfälische Landessprecher der WASG, Hüseyin Aydin, bestätigte gegenüber dem WDR die Existenz der Resolution, hält jedoch die Zahl ihrer Unterstützer für zu hoch. Ohnehin werde über die Frage des Linksbündnisses mittels Urabstimmung entschieden.

Laut taz wollen sich die WASG-internen Gegner eines Bündnisses am Wochenende treffen, um mögliche Protestmaßnahmen zu koordinieren. Ein ehemaliger Landtagskandidat nannte die Annäherung an die PDS eine "Aufkündigung des Grundkonsenses" innerhalb der WASG.


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