© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 28/05 08. Juli 2005

Ein später Triumph
Bundestagswahlen: Das Bündnis mit der WASG ebnet der PDS den Weg in den Westen / Stetiger Zuwachs in Meinungsumfragen
Josef Hämmerling

Lenin kann triumphieren: 81 Jahre nach seinem Tod scheint sich seine Äußerung zu bewahrheiten, daß in einer Demokratie letztendlich die "nützlichen Idioten" dem Kommunismus zum Sieg verhelfen werden. Und diese "nützlichen Idioten" verstecken sich hinter dem Namen "Die Linkspartei", hinter der in Wirklichkeit niemand anderes als die PDS steckt. Obwohl der frühere SPD-Vorsitzende Oskar Lafontaine und einige Führungspersönlichkeiten der "Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit" (WASG) ebenfalls auf den offenen Listen der "Linkspartei" kandidieren, stehen auf diesen aber vorwiegend Mitglieder der PDS.

Einigen Mitgliedern der WASG scheint dies bewußt zu sein. So meinte etwa das Biberacher WASG-Kreisvorstandsmitglied Alois Weckenmann, "mit Oskar Lafontaine hätten wir den Einzug in den Bundestag auch alleine geschafft." Und Michael Prause vom baden-württembergischen WASG-Landesvorstand kritisierte: "Die WASG wird benutzt, um die PDS im Westen hoffähig zu machen." Doch all diese Warnungen nutzten nichts: Weit über 60 Prozent der mehr als 300 Delegierten stimmten auf dem Bundesparteitag der WASG am Sonntag in Kassel dem Bündnis mit der PDS zu. Einem Bündnis mit einer Partei, in der noch immer die alten SED-Seilschaften und Stasispitzel in gewichtigen Positionen sitzen.

Neben Gregor Gysi, gegen den bereits mehrfach der Vorwurf der Stasimitarbeit erhoben worden ist, stehen sogar Leute, die sich ganz offen zu ihrer Spitzeltätigkeit bekennen, auf Spitzenplätzen der Landeslisten der PDS. Wie das Wochenmagazin Focus meldet, tritt der sächsische PDS-Politiker Klaus Bartl, früher als IM "Andreas Richter" tätig, als Direktkandidat in Chemnitz an. Die Leipziger PDS nominierte ihren Vorsitzenden Volker Külow, der als IM "Ostap" für das Ministerium für Staatssicherheit im westlichen Ausland spitzelte. Und in Potsdam strebt PDS-Bundesgeschäftsführer Rolf Kutzmutz, ehemals IM "Rudolf", in den Bundestag.

Oskar Lafontaine, Spitzenkandidat der WASG, hat keine Berührungsängste mit der SED-Nachfolgepartei. "Ich kann das Wahlprogramm der PDS in jedem Satz unterschreiben", meinte der frühere SPD-Bundesvorsitzende am Montag auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem PDS-Vorsitzenden Lothar Bisky. Vielmehr sei die Zusammenarbeit notwendig, da es im Bundestag keine Partei mehr gebe, die eine Politik für Arbeitnehmer, Arbeitslose und Rentner mache. Und genau hierfür und für soziale Gerechtigkeit stehe die "Linkspartei". Denn Schröders Reformpolitik sei eine Politik des Sozialabbaus und "nichts anderes als eine Umverteilung von unten nach oben", sagte Lafontaine.

Umbenennung bereitet Ostmitgliedern Probleme

Auch Bisky verteidigte das Zusammengehen von PDS und WASG. Er wisse zwar, daß viele Ostmitglieder Probleme mit der Kooperation mit der WASG und vor allem auch mit einer Umbenennung der PDS in "Die Linkspartei" hätten, aber es sei absolut notwendig, "die Kräfte der Linken zu bündeln", um eine sozial gerechte Politik zu betreiben.

Sehr viel versprechen sich Lafontaine und Bisky auch von der Kandidatur des "Tatort"-Kommissar-Darstellers Peter Sodann, der nach Angaben des PDS-Vorsitzenden Spitzenkandidat in Sachsen werden wird. Dies sei ein Zeichen dafür, "daß Kultur nicht zum fünften Rad am Wagen, sondern zu einem gesellschaftlichen Lebensmittel wird". Warum gerade ein Fernsehschauspieler, der mit der KPD-Mitgliedschaft seines Großvaters für sich wirbt, dafür geeignet sein soll, die Kultur in Deutschland hochzuhalten, sagte Bisky aber nicht.

Zumindest derzeit - wohl auch aufgrund des massiven Medienhypes - ist das Interesse der Deutschen an der neuen "Linkspartei" sehr groß. Nach einer am Wochenanfang bekanntgewordenen Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes TNS Emnid legte das Bündnis von PDS und WASG binnen einer Woche um zwei Prozentpunkte zu und liegt derzeit bei elf Prozent. Die CDU rutschte von 46 auf 44 Prozent und die SPD von 27 auf 26 Prozent. Während die Grünen sich auf neun Prozent steigerten, liegt die FDP bei sieben Prozent.

Obwohl dies noch immer eine recht stabile Mehrheit für Schwarz-Gelb im Bundestag ergeben würde, halten immer mehr Wahlforscher eine Große Koalition für wahrscheinlich. Nach Ansicht von Richard Hilmer, Geschäftsführer bei Infratest dimap, sind mindestens 48 Prozent der Stimmen für eine stabile Regierung erforderlich. Angesichts der Dynamik des Linksbündnisses, das seinen Stimmenanteil in den Umfragen binnen kürzester Zeit verdoppelte, könnte dies Auswirkungen auf die Möglichkeit zur Regierungsbildung haben. Besonders wenn Lafontaines Buhlen um rechte Wählerstimmen aufgehen sollte. So meinte Hilmer gegenüber dem Tagesspiegel: "Das Rechtspotential umfaßt neun Prozent. Seitens Lafontaine gibt es offenkundig die Absicht, diese Wählerschichten zu gewinnen, also auch Wähler, die sich mit rechten Parolen anfreunden können."

Dagegen werden der SPD ihre linken Signale im neuen Wahlmanifest kaum zu mehr Stimmen verhelfen, wie der Wahlforscher und Berater von Bundeskanzler Gerhard Schröder, Manfred Güllner, gegenüber der gleichen Zeitung sagte. Vielmehr sei dies ein "durchschaubares Wahlkampfmanöver" und hielten die Wähler "die Partei für unfähig, eine für notwendig erachtete Politik umzusetzen".

Entscheidend werden wohl die bisherigen Nichtwähler sein. So meinte dann auch Lafontaine, daß das Linksbündnis nicht primär auf SPD-Wähler ziele, sondern auf die Nichtwähler. "Links ist ein Riesenfeld, das ich in seinen Ausmaßen gar nicht beschreiben kann."

Foto: Gemeinsamer Auftritt von Lafontaine und Bisky: Keine Berührungsängste mit den Sozialisten


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