© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 28/05 08. Juli 2005

Kolumne
Musterbeispiel kommunistischer Bündnispolitik
Klaus Motschmann

In der Auseinandersetzung um das Linksbündnis hat die PDS-Bundestagsabgeordnete Petra Pau in Abwandlung eines Werbeslogans gefordert, "daß dort, wo PDS drin ist, auch PDS draufstehen" müsse. Das klingt sehr glaubwürdig und weckt bei naiven Wählern auch Vertrauen, worauf es angesichts des rapiden Vertrauensverlustes so entscheidend ankommt. Aber es klingt eben nur so.

Wirklich glaubwürdig hätte Pau argumentiert, wenn sie diesen Grundsatz auch im Hinblick auf ihre Partei vertreten hätte: "Wo Kommunismus drin ist, sollte auch Kommunismus draufstehen". Das ist bekanntlich nicht der Fall. Da steht vielmehr "Demokratischer Sozialismus" drauf und damit das, was auch die SPD vertritt. Seit Jahren fordern mögliche Bündnispartner eine Klarstellung, die am überzeugendsten durch eine Trennung der PDS von ihrem "stalinistischen Teil" markiert werden könnte (der Berliner Fraktionsvorsitzende der Grünen Wolfgang Wieland in der Süddeutschen Zeitung vom 8. August 1996). Die PDS hat derartigen Erwartungen stets widersprochen, unter anderem dadurch, daß sie die Sprecherin der Kommunistischen Plattform, Sahra Wagenknecht, mit beachtlicher Mehrheit in den Parteivorstand gewählt hat. Darüber sollte nachgedacht werden.

Wenn man das tut, dann wird einem bewußt, daß die relativ schnelle Formierung des Linksbündnisses keineswegs eine spontane Reaktion auf die sogenannte Reformpolitik à la Hartz IV ist, sondern ein neues Musterbeispiel für die kommunistische Bündnispolitik in einer "bürgerlichen Demokratie". Einzelheiten für diesen konkreten Fall können in der "Erfurter Erklärung" der PDS von 1998 nachgelesen werden. Zu ihren Grundsätzen gehört die Taktik, durch immer neue Bündnisse mit wechselnden Partnern und Namen die bekannten Ziele der radikalen "Systemveränderung" zu verfolgen. Es genügen die Erinnerungen an die Vereinigung von SPD und KPD (1946), an die Nationale Front (1949), an die Deutsche Friedensunion (1961/1965), an die Umbenennung der (verbotenen) KPD in DKP (1969), an die Friedensliste (1984), an die Alternativen Listen (1980 ff.), an die Umbenennung der SED in SED/PDS (1989) und schließlich in PDS (1990).

Wie immer man die Erfolge dieser "Bündnispolitik" im einzelnen auch beurteilen mag: Ein wesentlicher Erfolg besteht darin, daß die in Jahrzehnten erprobten Praktiken kommunistischer Diffusion nach wie vor bestens funktionieren. Weshalb sollte die PDS diese bewährten Mechanismen aufgeben, zumal sie immer wieder neue Bündnispartner findet?

 

Prof. Dr. Klaus Motschmann lehrte Politikwissenschaften an der Hochschule der Künste in Berlin.


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