© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 28/05 08. Juli 2005

Aufgeschnappt
Politiker und Menschen
Matthias Bäkermann

Dem deutschen Volke" prangt zwar immer noch am Reichstagsportal in Berlin, doch die Politik der Parteien wird zumindest sprachlich weder für die "Deutschen" noch für das "Volk" betrieben, sondern in der Regel für die "Wählerinnen und Wähler" oder allenfalls noch für die "Bevölkerung".

Bei der Union ist bereits Altkanzler Helmut Kohl einen Schritt weiter gegangen, um die als peinlich empfundene Verbindung zu "deutsch" zu vermeiden, indem er konsequent von "den Menschen draußen im Lande" sprach. Seine Parteifreunde unter der Ägide Merkel möchten Politik sogar nur noch für die "Menschen" machen. Die rhetorische Verrenkung führt mittlerweile zu etwas irreführenden Formulierungen. So kommentierte der CDU-Generalsekretär Volker Kauder die jüngsten Arbeitslosenzahlen letzte Woche mit dem schönen Satz: "Auch Menschen vertrauen Schröder nicht mehr." Soll also neben Unionspolitikern auch der Rest der "Bevölkerung" dem Kanzler nicht mehr vertrauen, oder gilt dies nach der Devise "Unser Feld ist die Welt" gar für alle Homo sapiens sapiens der Stadt und des Erdkreises? Unklar bleibt, welcher Spezies sich die Politiker zuordnen.

Vielleicht fällt den Unionspolitikern nach dem erhofften Wahlsieg wieder ein, für wen sie angetreten sind. Denn spätestens beim Amtseid müssen sie wieder ganz antiquiert geloben, daß sie ihre "Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen".


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