© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 28/05 08. Juli 2005

Der falsche Name
750 Jahre Königsberg: Kalinin war ein Massenmörder
Bernhard Knapstein

Rund um die 750-Jahr-Feierlichkeiten der alten preußischen Krönungsstadt und Geistesmetropole Königsberg hagelte es Kritik gegen russisch-nationalistische Klischees und Banalismen im offiziellen Festprogramm. Zu Recht!

Um so erfreulicher erscheint es, wenn Medien die Feierlichkeiten, die Bundeskanzler Gerhard Schröder zu einem Treffen mit Rußlands Präsident Wladimir Putin und seinem französischen Amtskollegen Jacques Chirac genutzt hat, zum Anlaß nehmen, ein paar Worte über den derzeitigen Namen der Stadt zu verlieren. Da schreibt das in dieser Hinsicht eher unbeleckte Hamburger Abendblatt, daß der Namensgeber der Stadt, Michail Kalinin, "eine Mitverantwortung für die Millionen Opfer der sowjetischen Gulags trug".

Unerhört, so etwas hat man in den etablierten Printmedien lange nicht mehr zu lesen bekommen! "750 Jahre Kaliningrad", so das offizielle Motto der Feierlichkeiten, erinnert an einen Massenmörder? Und der deutsche Kanzler hat mitgefeiert? Lieber Axel Springer-Verlag, danke zumindest für diese Randnotiz! Dennoch, die Chance wurde nicht genutzt. Man hätte hier in die Tiefe gehen müssen.

Stalingrad heißt zu Recht wieder Wolgograd und Leningrad ist wieder Petersburg gewichen. Der Trend, Massenmördern nicht mehr zu frönen, müßte auch im mittleren Teil Ostpreußens fortgesetzt werden. Staatschef Kalinin hat den Befehl zur Liquidierung von 20.000 Offizieren und Angehörigen der polnischen Intelligenzija angeordnet. Ein Massaker, das unter dem Namen Katyn traurige Berühmtheit erlangt hat. Nach dem Schreibtischtäter wurde 1946 Königsberg benannt. 2006 wird damit ein neues Jubiläumsjahr sein: "60 Jahre Kaliningrad".

Es ist an der Zeit, einem weiteren Massenmörder das Namensrecht für Städte zu entziehen. Königsberg sollte seinen Namen zurückerhalten!


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