© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 29/05 15. Juli 2005

WIRTSCHAFT
Unbeeindrucktes Wirtschaften
Bernd-Thomas Ramb

Der brutale Anschlag auf das Leben unschuldiger Men-schen in der Londoner U-Bahn und in einem Doppeldeckerbus mit mehr als 50 Toten und 700 Verletzten hat unmittelbar nach Bekanntwerden zu einem schlagartigen Absinken der Aktienkurse geführt. Noch am selben Tag sind die Kurse jedoch wieder auf das nahezu gleiche Niveau wie zu Tagesbeginn angestiegen. Am Tag nach dem Terroranschlag pendelten wieder Millionen von Berufstätigen wie üblich in die Londoner Innenstadt. Schon nach dem Anschlag auf den Madrider Berufsverkehr zeigten sich kaum wirtschaftliche Auswirkungen. Im Gegenteil, das spanische Wirtschaftswachstum nahm in den Folgequartalen zu.

Solche Analysen klingen zynisch angesichts des tausendfachen Leides, das die Terroristen den betroffenen Menschen beschert haben. Und doch ist es wichtig herauszustellen, daß es den bombenden Verbrechern nicht gelingt, das Wirtschaftsleben der attackierten Länder nachhaltig zu beschädigen. Je beeindruckter sich die Menschen zeigen, je stärker sie ihr - nicht nur wirtschaftliches - Verhalten nach solchen Terrorakten ändern, um so mehr werden die international operierenden Terrororganisationen zu Wiederholungen animiert. Es wäre unstatthaft, die unheilvollen Bombenanschläge als wirtschaftlich vorteilhaften Adrenalinstoß zu interpretieren. Sie rütteln jedoch die Massenreaktion wach: "Ihr werdet uns nicht kleinkriegen!" Auch so kann Terror bekämpft und möglicherweise künftig verhindert werden. Die oft als typisch britisch bezeichnete Form des Widerstands durch "cooles" Verhalten gereicht als international nachahmenswertes Vorbild. Die Notwendigkeit eines verstärkten Kampfes gegen die Terrorbanden bleibt davon unberührt.


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