© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 30/05 22. Juli 2005

Martin Hohmann
Der Kandidat
von Peter Freitag

Daß Angela Merkel vorzeitig zur Kanzlerkandidatin der Union ernannt wurde, verdankt sie zwei unfreiwilligen Helfern: dem Bundeskanzler mit seinem politischen Taschenspielertrick einer avisierten Neuwahl und dem mittlerweile fraktionslosen Abgeordneten Martin Hohmann. Als dieser im November 2003 wegen seiner vermeintlich "antisemitischen" Rede, deren Kernaussage durch eine skandalöse Medienkampagne in ihr Gegenteil verkehrt worden war, vor das Scherbengericht seiner Fraktion treten mußte, hatte die machtbewußte Frontfrau ihren Antrag auf Fraktionsausschluß mit einer indirekten Vertrauensfrage verknüpft.

Worauf sie abzielte, war klar: Er oder ich. Wer aus konservativer Gesinnung oder schlicht menschlicher Sympathie dem bereits durch eine Rüge Bestraften seine Solidarität versichern wollte, mußte wissen, daß er damit die Position der Fraktions- und Parteivorsitzenden schädigen würde. Die Drohung verfehlte ergo ihre Wirkung nicht - Hohmanns Schicksal war besiegelt.

Ein halbes Jahr später warf auch sein Landesverband den mit 54 Prozent der Direktstimmen (dem viertbesten Ergebnis der Union bundesweit) gewählten Christdemokraten aus der Partei. Merkel hatte die Machtprobe gewonnen und die Pläne ihres Konkurrenten Stoiber erfolgreich durchkreuzt; der habe, so argwöhnen Beobachter, gehofft, Merkel werde sich politisch das Genick brechen und darum den Fall noch angeheizt.

Doch mit der möglichen Neuwahl schwinden für Hohmann die letzten Chancen auf Rehabilitierung und politische Repatriierung. Während er noch vor Gericht um Aufhebung seines Rauswurfs kämpft, hat sein früherer Kreisverband einen Kandidaten nominiert (JF 27/05), der den Wahlkreis Fulda künftig in Berlin vertreten soll.

Das muß den immer noch tiefüberzeugten Christdemokraten doppelt schmerzen. Denn ohne jeden Zweifel ist Hohmann mit seinem Wahlspruch "Für Gott und Vaterland" das Paradebeispiel eines "Schwarzen": Der 1948 in Fulda geborene Jurist ist durch und durch katholisch, verheirateter Familienvater dreier Kinder, Reserveoffizier und erfolgreicher Kommunalpolitiker. Mit seinem Konservatismus verkörpert er wie kaum ein anderer (außerhalb Bayerns) das christdemokratische Milieu - wie es zunehmend ins Hintertreffen gerät und durch die Beusts und Merkels abgelöst wird. Doch allen Hinwendungen der Partei zu neuen "urbanen" Schichten zum Trotz, hatte der Hesse an der Basis einen Rückhalt, wie ihn *die über Landesliste in den Bundestag gehievte Mecklenburgerin wohl nie erreichen wird.

Der für Martin Hohmann verbliebene Ausweg aus seiner mißlichen Lage könnte die parteiunabhängige Kandidatur in seinem Wahlkreis bleiben. Bisher hat er gezögert, diesen Schritt als Konkurrent zu seiner noch "gefühlten" politischen Heimat, der CDU, zu wagen. Am Freitag will er, unmittelbar nach der Entscheidung des Bundespräsidenten, Klarheit schaffen.


* Berichtigung in Ausgabe 31/32/05 : CDU-Chefin Angela Merkel ist nicht über die Landesliste in den Bundestag eingezogen, sondern hat ihren Wahlkreis 15 (Stralsund – Nordvorpommern – Rügen) mit 41,6 Prozent der Erststimmen direkt gewonnen.


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