© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 30/05 22. Juli 2005

Frisch gepresst

Bombenkrieg. Die Menschen, die von den Bombardierungen der Städte betroffen waren, blieben nach Ende des Krieges im Gegensatz zu Soldaten, die sich wenigstens in Traditionsverbänden austauschen konnten, oft allein. Auch darin sieht Hans-Joachim von Leesen einen Grund, warum der Bombenkrieg so viele Jahre nach dem Krieg das Interesse beherrscht. Zudem wurden Deutsche als Opfer in der politisch korrekten Darstellung im Kontext dieses Phänomens gern ausgeblendet, weshalb man jenseits des wissenschaftlichen Betriebes bis in die letzten Jahre wenig von dieser verbrecherischen Kriegsstrategie während des Zweiten Weltkrieges vernahm. Von Leesen referiert den aktuellen Stand, ohne selbst einen wissenschaftlichen Anspruch zu stellen. Bemerkenswert sind die vielen Farbaufnahmen, die das Ausmaß des Schreckens der zerstörten Städte, der Bombenopfer und vieler historischer Akteure in ungekannt authentischer Weise darstellen. Leider gestalten sich die Kommentierungen zu den imposanten Fotos weit weniger unangreifbar, als es von Leesens Eingangstext ist (Bombenterror. Der Luftkrieg über Deutschland. Arndt Verlag, Kiel 2005, 159 Seiten, gebunden, Abbildungen, 25,95 Euro).

Wehrmachts-Ethos. Dem "Macher" der Wehrmachtsausstellung Jan Philipp Reemtsma wird diese Aussage nicht gefallen: "Ich sehe in der Bloßstellung der Kriegsverbrecher eine Pflicht gegenüber dem deutschen Volk und vor allem gegenüber den deutschen Soldaten. Sie haben mit diesen Kriegsverbrechen nichts zu tun." So Hauptmann Wilm Hosenfeld zu sowjetischen Vernehmern am Beginn seiner langen Gefangenschaft über seine Erfahrung mit Gestapo, SD und Polizeitruppen in Polen. Der nicht nur die gesamte Kriegszeit umfassende, äußerst intensive Briefwechsel mit seiner Familie ist ein ganz außergewöhnliches Zeitdokument und berichtet über den Alltag der Wehrmacht weit mehr, als der allzu eng gefaßte Titel vermuten läßt. Der ist wohl auch dem verqueren Geschichtsverständnis des Heraus-gebers, des Militärgeschichtlichen Forschungsamts (MGFA), geschuldet, wie die Einleitung zu erkennen gibt. Andernfalls wäre dieser voluminöse Band wohl auch nicht erschienen. ("Ich versuche jeden zu retten." Das Leben eines deutschen Offiziers in Briefen und Tagebüchern. Deutsche Verlagsanstalt, München 2004, 1.194 Seiten, gebunden, 32 Euro).


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