© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 31-32/05 29. Juli / 05. August 2005

Ursula von der Leyen
Die Jongleurin
von Ellen Kositza

Nach einer aktuellen Allensbach-Umfrage wünschen sich 37 Prozent von 500 befragten Führungskräften aus Politik und Wirtschaft die niedersächsische Familienministerin Ursula Gertrud von der Leyen als künftige Gesundheitsministerin einer CDU-Regierung. Ob Gesundheits- oder Familienressort - einer dieser Posten dürfte mit einiger Sicherheit für die 46jährige politische Senkrechtstarterin aus Sehnde/Ilten bei Hannover vorgesehen sein.

1990 trat von der Leyen, damals Mutter eines Kindes, in die CDU ein - es war das Jahr, als Gerhard Schröder ihren Vater Ernst Albrecht als Ministerpräsidenten Niedersachsens ablöste. Zwölf Jahre und sechs Kinder später saß von der Leyen im Sehndener Stadtrat, 2003 bereits im Landtag, 2004 im CDU-Präsidium. Seit Februar dieses Jahres leitet sie die CDU-Kommission "Eltern, Kind, Beruf" und erscheint als wahrhaft Berufene in diesem Metier: Selbst mit fünf weiteren Geschwistern aufgewachsen, brachte von der Leyen nach Doppelstudium und Promotion ihre hochqualifizierte Berufstätigkeit (gynäkologische Assistenzärztin), mehrfache Auslandsaufenthalte und die Betreuung ihrer fünf Töchter und zwei Söhne mustergültig unter einen Hut.

Nicht nur mit dem Terminkalender jongliert die charmante Polit-Aufsteigerin, sondern auch mit politischer Programmatik. Natürlich akzeptiert die Verfechterin der Ganztagsschule die reine Hausfrauentätigkeit, wehrt sich jedoch gegen den Vorwurf, das "traditionelle Familienmodell", die Alleinverdienerehe, fördern zu wollen. Wenig unterscheidet von der Leyens familienpolitische Verlautbarungen von jenen der derzeitigen Berliner Amtsinhaberin. So trugen ihre jüngsten Forderungen nach einem beitragsfreien letzten Kindergartenjahr sowie einer Steigerung des Kindergeldes kaum zur dezidiert konservativen Profilierung bei - und nach Anpfiff durch Angela Merkel ruderte die Niedersächsin obendrein sogleich zu einem haushaltsabhängigen "Vielleicht" zurück.

Den wahlkampfstrategischen Unterschied macht wohl der durch sie verkörperte Gegensatz zu Merkel. Nicht nur die markant entgegengesetzte Richtung der Mundwinkel ist es, die von der Leyen - habituell lächelnd - als Gegentypus ihrer Parteivorsitzenden erscheinen läßt. Hier die androgyn Verbissene mit der schrillen Stimme und ohne Privatleben, da die attraktive Blonde, die eine Art mütterlichen, nichtsdestoweniger professionellen Kampfgeist ausstrahlt. Mit einem um 32 Millionen Euro reduzierten Etat für ihr Ressort hat die Ministerin dieses Jahr zu kämpfen; Drogenhilfeprojekte, großzügigere Zahnersatzregelungen und das Landes-Blindengeld fielen dem zum Opfer. Besonders tat ihr die Streichung der flächendeckenden Frauenbeauftragtenstellen leid - dagegen hatte sie vehement gekämpft.

Würde man Renate Schmidt im Spiegelkabinett vor einem streckenden Spiegel aufstellen - was ihr da entgegenschaute, wäre Frau von der Leyen gar nicht mal unähnlich.


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen