© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 31-32/05 29. Juli / 05. August 2005

Der Norden umsonst:
Har(t)z III im NDR
Clemens Walter

Das Doku-Soap-Format im Fernsehen scheint epidemische Ausmaße anzunehmen. Derzeit erlebt das gemeine TV-Publikum, wie man sich als Hartz-IV-oder besser: als Nord-3-Empfänger durchs Leben schlagen kann. Unter dem Titel "Der Norden umsonst - Von der Hallig in den Harz" begleitet ein Kamera-Team des NDR-Fernsehens den ehemaligen "Extra 3"-Moderator Jörg Thadeusz, wenn er auf dem trockenen sitzt - à la "extra dry". Vier Wochen lang wandert dieser zu Fuß und ohne Geld durch Norddeutschland. Immer dienstags, 21.45 Uhr, darf der als Meister "hochintelligenter Fernsehunterhaltung" gerühmte Moderator und Romanautor ("Rette mich ein bißchen", "Alles schön") seine weisen Wanderschaftsreflexionen eine halbe Stunde lang zum besten geben (Termine: 2., 9., 16., 23. und 30. August).

Vorsicht, nicht nur der Dialekt ist platt

Doch Vorsicht, nicht nur der Dialekt ist platt. Bezeichnend für die eigentliche Verklemmtheit, mit der Thadeusz den kecken Wandersmann zu geben versucht, ist etwa dieser Eintrag im Tagebuch: Bei mehreren Flaschen Rotwein habe man "so abgefeiert, daß wir beinahe (sic!) im Überschwang" zu den Musikinstrumenten gegriffen hätten. Das erinnert an die Ausgelassenheit im Überwachungsstaat DDR. Unter der Losung "Machen Sie mit!" werden die Zuschauer denn auch kollektiv angesprochen. Sofern man an der Wanderroute von Thadeusz wohnt, kann man diesen mit Gartenarbeit oder Partyzeltbau beauftragen. Als Gegenleistung wird er mit einem Bett, Trinken oder Eßbarem "abgespeist". Eben Doku satt.


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